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Wide-Angle · Michał Massa Mąsior 1 / 1
Interview

INTERVIEW

Michał Massa Mąsior

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FOTOGRAFIE Michał Massa Mąsior MODEDESIGN & STYLING Anna Załucka-Kuczera mit Herbst/Winter Kollektion 2016/2017 HAARE & MAKE-UP Monika Wróbel, Aleksandra Kołodziejczyk @ Womanhood Studio RETUSCHE Joanna Kordas MODEL Dorota Chojecka @ Unique Agency KAMERA Leica S (006) mit Summarit-S 1:2,5/70mm Asph, APO-Macro-Summarit-S 1:2,5/120mm, ergänzend Leica Q.

Inspiriert von üppigen Formen und gefleckten Mustern der Kollektion „Flashbacks” von Modeschöpferin Anna Załucka-Kuczera kreierte Michał Massa Mąsior eine dynamisch-urbane Strecke, in der er Genres vom amerikanischen Porträt bis hin zum weitwinkligen Aufnahmen in Zentralperspektive bespielt.

S Magazin: „Wide-Angle“ besteht überwiegend aus dynamischen Aufnahmen, die auf der Straße gemacht wurden, mit vereinzelten Studioaufnahmen. Wieso dieser Mix?
Michał Massa Mąsior: Solange das Material kohärent ist und zusammenpasst, halte ich eine variierende Szenerie für einen guten Ansatz. Für „Wide Angle“ wollte ich traditionelle Studioaufnahmen – es sind ja nur zwei –, die eher posiert und statisch wirken, mit der Unvorhersehbarkeit und der Dynamik eines Street-Shootings verbinden. Die Kollektion von Anna Załucka-Kuczera eignet sich sehr gut für Lookbook-Bilder und eben dynamische Straßenaufnahmen. Der Mix war die logische Antwort darauf.

Arbeitest du mit einem Konzept, und wie stark hältst du dich daran?
Am Anfang steht die Idee. Bevor ich anfange, denke ich so weit voraus, wie irgend möglich, bereite Mood-Boards vor und so weiter. Ich habe herausgefunden, dass es wirklich hilfreich ist, den Models diese Idee, meine Vision, nahezubringen. Wir explodieren in Lachsalven, wenn ich die Posen selbst vormache. Dies vorangeschickt, halte ich mich aber nicht sklavisch an meinen Plan. Je mehr ich mich vorbereite, desto mehr Raum habe ich ironischerweise, mich auf Abwege zu begeben und flexibel zu sein – oft kommt nämlich die Inspiration während der Arbeit.

Das Styling ist ein cooler, lässiger, manchmal chic Street-Look. Nach welchen Kriterien sucht du die Stylisten aus, und nimmst du selbst Einfluss auf das Styling?
Bei „Wide Angle“ war die Stylistin die Modeschöpferin selbst. Sie ist eine hochtalentierte Künstlerin – ich sah ein, am besten nicht einzugreifen, schließlich war es ihre Kollektion, und ihr kreativer Input war punktgenau. Ich half ihr nur dabei, ihre stilistische Vision durch die richtigen Locations umzusetzen, durch deren Ästhetik und Beschaffenheit, das richtige Model und den richtigen Gradienten von Dynamik für den Shoot. Im Allgemeinen diktiere ich den Stylisten nichts, obwohl wir uns in der Planungsphase intensiv austauschen. Aber wenn die Grundlagen gelegt sind, lasse ich los.

Welche Eigenschaften müssen deine Models haben?
Ich bin ständig auf der Suche. Es ist unmöglich, ein „richtiges“ Set von Charakteristika zu definieren, da sich unsere Konzepte von Schönheit wandeln wie die Mode selbst. Man kann mit Sicherheit sagen, dass die Geografie die Wahl der Models beeinflusst. Es sei denn, man ist in New York oder Paris, wo die großen Agenturen sind, die auch äußerst spezifische Anfragen bedienen können. Ich suche gewöhnlich nach einem hohen Körperbewusstsein, das bereichert das Endresultat und erleichtert eine schnelle Arbeit mit dem Model.

Neben deinen Modeaufnahmen bist du auch als Street- und Doku-Fotograf aktiv. Zwei eher unterschiedliche Genres. Weshalb machst du beides?
Ich will wachsen, mich weiterentwickeln. Fotografie ist meine größte Leidenschaft, ich trage immer eine Kamera bei mir, ich sehe die Welt durch das Objektiv. Street- und Dokumentarfotografie lassen mich die Modefotografie aus einem anderen Blickwinkel sehen, neue Herangehensweisen entwickeln und wiederum Aspekte der Fotografie in die Mode einbringen.

Du schreibst auch über Fotografie. Fotografen sind naturgemäß visuell ausgerichtet. Welche Rolle spielt bei dir das Wort? Hat deine Fotografie einen theoretischen Unterbau. Woran orientierst du dich?
Ich kam durch Zufall zum Schreiben. Es begann mit meiner Lehrtätigkeit an der Schule für Fotografie, aber ich habe schnell bemerkt, dass ich durch das Schreiben eine weitere Ebene der Reflexion und auch des Verständnisses der technischen Aspekte meiner Arbeit erlangen konnte. Nun habe ich eine monatliche Kolumne im „Lounge Magazine“ und erscheine auch auf „fotoblogia.pl“ – allerdings in meiner Muttersprache Polnisch.

Ich diskutiere sehr gern über das, was ich schreibe, und gehe ganz entspannt damit um. Das geschriebene Wort ist wichtig im Diskurs über Fotografie. Natürlich kann man über Bilder, Technik, Ideen, Herangehensweise und künstlerische Wertesysteme sprechen. Aber ich glaube fest daran, dass die Fotografie immer für sich selbst stehen sollte, ganz ohne lange Erklärungen dessen, was der Künstler vermitteln wollte. Das sollte in den Fotos selbst deutlich sichtbar sein.

Arbeitest du auch analog oder nur digital? Welchen Raum nimmt bei dir die Postproduktion ein?
Ich habe immer noch alle analogen Kameras, die ich zu Beginn meiner Laufbahn hatte, obwohl ich sie kaum noch benutze. Manchmal nehme ich eine Polaroid. Analoge Fotografie zieht mich an, besonders die Handhabung eines Zelluloidfilms. Aber das ist eher ein Hobby, den Großteil meiner professionellen Fertigkeiten habe ich im digitalen Bereich erworben.

Die digitale Postproduktion ist einfach zu wichtig und nützlich. Die Entwicklung der RAW-Dateien, das Finden der besten Sättigung und Farbgebung kann ein Bild dramatisch verbessern. Jeder wichtige Schritt in der Dunkelkammer kann nun digital erfolgen.

Ich versuche immer noch, so viel wie möglich während des Fotografierens selbst zu verwirklichen, um die Postproduktion zu minimieren. Allerdings sind die Sensorpixel sehr präzise angeordnet, wodurch Fehler leicht zu erkennen sind. Postproduktion wird so zu einer Notwendigkeit. Aber, wie gesagt, ich beschränke mich auf das absolute Minimum.

Wie lebt es sich als Fotograf in Polen? Arbeitest du auch im Ausland?
Polen entwickelt sich rapide, gerade auch in Krakau, einem sehr dynamischen Ort. Es gibt eine hohe Nachfrage nach Fotografie. Weil Krakau so pittoresk ist, arbeite ich oft für ausländische Kunden, neulich sogar für eine indische Werbeagentur. Ich hatte auch deutsche Kunden und habe in Deutschland und Großbritannien gearbeitet. Ich liebe das Reisen – hoffentlich habe ich noch oft Gelegenheit dazu!