INTERVIEW
Jennifer Endom
Jennifer Endom Maria Ehrlich Noriko Takayama Julia Quante Charlotte Kay @ Core management Gabriela Leica S (007) mit Summarit-S 1:2,5/70mm Asph., Apo-Macro-Summarit-S 1:2,5/120mm Asph.
In „Verbalism“ versucht die deutsche Fotografin Jennifer Endom, unterstützt von Model Charlotte Kay und Stylistin Julia Quante, feminine Stärke und die Fragilität des weiblichen Charakters auszubalancieren. Warme und kalte Farbenkontraste, Distanz und Nähe sowie gegensätzliche Stoffe dienen als Stilmittel. Eine bewusste Entscheidung für eine intimere Modefotografie.
S Magazin: Jennifer, du lebst und arbeitest in Berlin und London. Inwieweit beeinflussen die beiden Modemetropolen deine Art zu fotografieren?
Jennifer Endom: Beide Städte beeinflussen mich extrem. Jede Stadt auf Ihre Weise. Ich habe eine Zeit in London gelebt und die Taktung der Stadt genossen. Alles ist etwas schneller und abwechslungsreicher. Ich habe so viele kreative Menschen wie nie zuvor kennengelernt, die aber fast alle „nur“ eine Zwischenstation in London eingelegt hatten. Das Leben ist teuer und hart – auf dieser Basis muss man in jeder Form flexibel und auch fleißig bleiben. Berlin hingegen, wo ich jetzt seit Jahren mein eigenes Studio habe, hat für mich ein anderes Gesicht. Die Stadt bietet mir persönlich eine höhere Lebensqualität, viele wichtige und auch beständige Freundschaften und eine Basis. Ich finde, für mich ist die Mischung der Städte das Spannende. Das bedeutet, in Bewegung zu bleiben.
Deine Porträts haben einen sehr eigenständigen Stil – wie würdest du ihn und deine Herangehensweise selbst beschreiben?
Ich habe mich in meiner Diplomarbeit „PERSONA“ sehr stark mit dem Thema Porträt auseinandergesetzt. Es gibt dazu einen sehr interessanten Text von Lessing zur Laokoon-Gruppe, in dem beschrieben wird, wie der Künstler nach dem „fruchtbaren Augenblick“ sucht, dem prägnantesten Zeitpunkt, um eine Geschichte in einem einzigen Augenblick zusammenzufassen. Für mich hat sich das in meiner fotografischen Arbeit immer mehr verwoben. Ich finde die Zwischenmomente extrem spannend. Augenblicke, in denen das Model oder die zu porträtierende Person nicht auf mich achtet, sondern abgelenkt oder in Bewegung ist. Das sind die Momente, in denen ich etwas mehr von der Person sehe.
Ist es für dich einfacher, Männer oder Frauen zu porträtieren? Gibt es da Unterschiede für dich?
Eindeutig Frauen. Vielleicht, weil ich die besser verstehe. Heißt aber nicht, dass ich nicht auch sehr gern Männer fotografiere!
Deine Story für das S Magazin wechselt zwischen Studio und On Location? Warum? Ist das ein bewusst eingesetzter Effekt?
Nur bedingt – manche Dinge passieren spontan. Ich arbeite mich an meinem Konzept, der Idee entlang. Vieles ist vorher genau auf das Styling abgestimmt – vor allem Formen und Farben in den Klamotten oder im Hintergrund beziehungsweise in der Location. Aber dazwischen werden in meinen Fotografien immer spontane Dinge zugelassen.
Wie wichtig ist für dich die Akzentuierung der Lichtführung?
Ich habe in den wichtigen Jahren, in denen ich bei meinem „Ziehvater“ assistiert habe, zu meinem Glück eine sehr gute Ausbildung in Lichtführung bekommen. Also sehr wichtig! Das soll nicht heißen, dass die Akzentuierung des Lichts kompliziert sein muss – aber auf dem Punkt sollte sie für mich sein.
Die Close-ups des Mädchens erfordern eine gewisse Intimität – wie erreichst du die?
Ich versuche immer, direkt von Sekunde null an einen Kontakt zu der zu fotografierenden Person aufzubauen. So findet man mich auch oft während des Schminkens neben dem Model sitzend. Ich brauche für meine Arbeit immer eine Form der Intimität zum Model. Das klappt mal mehr, mal weniger gut – aber genau das ist spannend. Dadurch pflege ich später auch oft noch über den Job hinaus Freundschaften zu den Modellen.
Was ist für dich an einer Kamera wichtig?
Ich muss meine Kamera gut kennen und schnell auf Situationen reagieren können. Aber ein wirklich entscheidender Aspekt ist für mich auch tatsächlich das Gewicht. Es gibt die Tage, an denen ich die Kamera stundenlang in den Händen halte …
Machst du die Postproduktion selbst, oder lässt du sie machen? Was ist denn besser für dich?
Ja, die mache ich fast immer selbst! Ich kann meine Bilder nur ganz schwer in andere Hände abgeben, auch wenn diese Hände das eventuell viel besser können als ich.
Hast du einen Traum, einen Plan, den du unbedingt umsetzen willst?
Ich glaube, die Träume auf meinen Beruf bezogen formen sich bei mir immer sehr spontan. Und ändern sich ständig. Was ich gut finde – somit bleibe ich nie auf der Stelle stehen.