INTERVIEW
James Meakin
James Meakin Linh Ly Francesca Brazzo Stephen Low @ ELSL Management Jena Goldsack @ Models 1 Craig Teunissen, Riccardo Raspa Leica S mit Elmarit-S 1:2,8/45mm Asph. (CS) Summarit-S 1:2,5/70mm Asph. (CS) und Summicron-S1:2/100mm Asph.
In „Raw Beauty“ setzt der britische Fotograf James Meakin das aufstrebende Model Jena Goldsack in der schroffen Felsenküste ihrer Heimat Cornwall in Szene – eine einzigartig magische Kombination zweier rauer keltischer Schönheiten.
S Magazin: Dein Shooting ist eine Kombination von Mode- und Landschaftsfotografie – ist das eine Spezialität von dir, und machst du in diesem Stil weiter?
James Meakin: Ich wurde von Landschaften schon immer inspiriert und ich nutzte sie gern in meinen Shoots, angefangen von meinen allerersten Tests. Man kennt mich für die Entschiedenheit, epische Locations zu entdecken und dort zu schießen. Die digitale Plattform erlaubt es, Szenen-Settings einzubauen und Mood-Images, die wie ein frischer Luftzug wirken. Magazinseiten sind oft so restriktiv – es ist großartig, eine Stimmung mit mehr Bildern auszudrücken: Mit einem Fokus auf Mode kann man das verlieren.
Die raue Natur der schroffen Felsküste von Cornwall, ein fast schon rohes Setting und die See stechen sehr hervor. Wie hat dich die Atmosphäre beeinflusst und hatte sie einen Einfluss auf deine Ikonographie?
Die unglaubliche Schönheit einer Küste, die man in England nicht zu finden glaubt, haut einen um. Ich bin im Westen des Landes aufgewachsen, und Jena, das Model, kommt aus dem winzigen Fischerdorf auf der Lizard-Halbinsel, in dem wir unser Quartier nahmen. In den zwei Maitagen der Produktion variierte das Wetter von Nebel zu einer warmen Sonne, aber der ätherisch-vernebelte Sonnenaufgang und die Einsamkeit der Landschaft definierten die ganze Stimmung. Ich wollte mich in einer Person verlieren, im Ort, die Gedanken wandern lassen.
Das Shooting ist ein Mix aus Farbe und Schwarzweiß. Hast du da Präferenzen? Wählst du die Farben nach gewissen Kriterien aus?
Manchmal richtet man die Töne eines Bildes, die Dramatik des Lichts und die Hauttöne besser nach Schwarzweiß aus. In dem Moment, da das Model die Szene betritt, sieht man so oft, dass die Mode sich in absoluter Balance mit dem Moment befindet – dies ist die Freude an einer Location, die man oft nicht planen kann. Ich mag Schwarzweiß als Gefühl, als etwas zunehmend Dramatisches, das in Farbe nur ein hübsches Postkartenmotiv wäre, während es in Schwarzweiß in eine andere Dimension weist. Es sind die Leica-Farbtöne.
Du erwähnst das kalte Klima Cornwalls beim Shooting. Was waren die größten Schwierigkeiten, die ihr zu bewältigen hattet?
Allein die Tatsache, dass sie nach dem letzten Bild sofort zum Zug musste, dann zum Flugzeug, um noch eine Nacht in London zu haben, bevor sie zu einer Produktion der französischen „Vogue“ musste! Ich wollte sie ja auch nicht unterkühlen. Ich hole aus den Models meist das Beste heraus und bin für sie da, aber das letzte Bild zeigt deutlich unseren Kampf mit den Elementen, diese Riesenwelle, die plötzlich aus dem Nichts kam. Das war schon hart, aber von ihr kam nie ein Laut der Klage, sie blieb länger im Wasser, wenn es notwendig war, und es machte uns beiden Spaß! Und das Wasser war ja auch kristallklar.
Dein Licht ist kontrastreich, was den Aufnahmen eine gewisse Schärfe verleiht. Wie hast du das bewerkstelligt? Ist das alles Tageslicht?
Ich arbeite bei kontrolliertem Tageslicht und mit geringer Schärfentiefe im Morgenlicht, um dann über den Verlauf des Tages hinweg zu variieren. Manchmal verstärke ich den Kontrast auch nachträglich.
Wie groß war dein Team? Sind das Menschen, auf die du dich verlassen kannst? Hast du ein festes Team, mit dem du immer wieder zusammenarbeitest?
Ich nehme Leute, die mal rauswollen und harte, lange Tage arbeiten, die die ganze Zeit lächeln, weil sie die Magie des Ortes wahrnehmen. Man braucht schon Teamplayer, die mit Herz und Verstand arbeiten, komplizierte Charaktere strengen sich auf der Location nicht so sehr an, wenn wenig zu kontrollieren ist. Es war ja schon eine lange Anfahrt aus London – meine Leute waren legendär bei dieser Serie!
Worin liegt für dich der Unterschied zwischen Studio und Location?
Ich bin einfach in meinem Element, wenn der Ort des Geschehens eine starke Vision hervorruft. Ich bin sehr erfahren darin, alle Charakteristika eines Ortes auszuschöpfen, er inspiriert dazu, eine Story zu entwickeln. Wenn das Licht weggeht zum Beispiel, muss man daraus etwas machen können, auch wenn man dann noch einmal nachdenken muss. Im Studio hat man mehr Kontrolle, ich mag dort das perfekte Licht, man erreicht Perfektion, und die Künstler arbeiten optimal. Aber eigentlich zieht es mich nach draußen, weg von einem räumlich beschränkten Studio, dahin, wo man kein Telefonnetz hat und die Augen sich an eine „schöne neue Welt“ erst noch gewöhnen müssen. Oftmals sehen meine Leute zum ersten Mal seit Jahren einen Sonnenuntergang. Es ist sehr schön, sie der engen Modewelt einmal zu entreißen.
Wie wichtig sind für dich deine Objektive, welche präferierst du? Und was ist deine bevorzugte Brennweite?
Die Auswahl der Objektive ist essenziell, Primes machen einen großen Unterschied, man muss bei jedem Bild sehr diszipliniert sein in der Komposition, und die Schärfentiefe beeinflusst den kreativen Effekt enorm. Die S (007) hat eine erstaunliche Schärfentiefe und meine Bilder dadurch stark beeinflusst. Im Moment arbeite ich mit den Standardobjektiven – mehr als ich erwartet hätte … was mir bei einer normalen SLR nicht so gefiel, aber der große Sucher der S wirkt sich inspirierend auf die Arbeit aus. Ich mag das 120er für Portraits, das 100er ist bei Mode sehr beliebt, auch wenn sie eine genaue Komposition der Models erfordert, um die Aufnahme zu dominieren und Details hervorzubringen. Ich nehme das 45er für weite Landschaftsaufnahmen, aber ich bin über die Jahre vom Weitwinkel abgekommen.
Kannst du ein wenig über die Mode und das Styling deiner Bilder erzählen?
Wir wollten in beidem ganz authentisch sein, das Styling ist gewissermaßen wahrheitsgemäß, ohne seine Leichtigkeit zu verlieren. Auch wenn man eine Bomberjacke zu einer Seidenbluse kombiniert, soll das ganz leicht wirken und zur Location passen, ohne sie zu erdrücken.
Warum hast du Jena Goldsack gecastet, was ist das Besondere an ihr?
Ich hab eine enge Beziehung zu ihrem Agenten bei Models 1 in London: Vor vielen Monden nahm ich Rosie Huntington-Whiteley für etwas Ähnliches. Die Agentur weiß ziemlich genau, wer das Potenzial zu einer Topkarriere hat, und das ist bei beiden Mädchen voll eingetreten! Jena ist so eine nette Persönlichkeit, und ich versteifte mich früh auf sie, ihr Buch wurde ihrer ursprünglichen Schönheit nicht gerecht, und ihr Gesicht gibt so viel her, dass es eine wahre Freude ist – wir fanden es gut, sie in ihrer Heimat aufzunehmen, und der Erfolg gab uns Recht – es gab einen Moment der Perfektion darin!
Hast du ein Traumprojekt? Und wo siehst du dich in zehn Jahren?
Ich will unbedingt wieder nach Namibia, um eine vagabundierende Reisestory in der unglaublichen Landschaft dort zu produzieren, mehr „Mad Max“ geht einfach nicht. Ich mag die Anmutung dystopischer Zukunft und eine gewisse einsame Schönheit, also werde ich die Magazine in diese Richtung bringen, um diese Vision entfesseln zu können, mal was anderes als die Ziegelwände von East London, die sind zum Gähnen langweilig!
In zehn Jahren möchte ich mich entwickelt haben, die Karrieren verändern sich ja, Durch die multimedialen Plattformen, durch Social Media und Crossover von Foto zu Film, da muss man mit voranpreschen. Das Aufregende dabei ist, dass ich nicht wissen kann, wo ich in zehn Jahren stehe, aber ich werde mich dank meiner Erfahrungen entwickeln bis dahin. Wer weiß schon, welche Rolle der Fotograf bald in der Mode spielen wird – da ist eine Revolution im Gange!