INTERVIEW
Alex Lambrechts
Mit „Paris, Paris…“ zeigt Alex Lambrechts seine fotografische Präferenz – elegant-klassisches Schwarzweiß mit Fokus aufs Detail, eine Melange aus Elementen von Street-Fotografie, dynamischer Street-Fashion und ausdrucksstarkem Umgang mit Licht und Schatten.
Wie bist du zur Fotografie gekommen? Wie ging es los?
Meine Eltern waren während meiner Kindheit Inhaber von mehreren kleinen Fotodruckgeschäften, in denen ich regelmäßig mitarbeitete. Während meine Freunde surfen gingen und Spaß hatten, half ich meinen Eltern in diesen Läden. Das machte ich, bis ich ungefähr 18 war. Danach war die Fotografie fast 20 Jahre lang kein Thema mehr in meinem Leben, bis ich mit 37 plötzlich das Bedürfnis hatte, mir selbst eine Herausforderung zu stellen. Ich wollte sehen, ob ich zu alt war, etwas Neues zu lernen und es auch erfolgreich zu meistern. So fing ich damit an, als Autodidakt die Arbeiten der großen Fotografen zu studieren und so viel wie möglich über die verschiedenen Kunstrichtungen und Disziplinen zu lernen. In den ersten Monaten verbrachte ich zwischen 80 und 100 Stunden pro Woche auf diese Weise – immer angetrieben von dem Wunsch, mich weiterzuentwickeln. Dann arbeitete ich mich der Reihe nach durch möglichst viele verschiedene Filmformate, Kameras und Arbeitsmethoden – den Dunkelkammerprozess miteingeschlossen. Ich wollte einfach so viel wie möglich über alle Aspekte des Mediums lernen. Mein größter Fokus galt allerdings immer den Klassikern.
Du fotografierst sehr unterschiedliche Sujets: Fashion, Porträt, Street, auch People. Kannst du deine Fotografie beschreiben?
Mein Motto lautet: „When they zig, I zag.“ – Sprich: Wenn alle in die eine Richtung rennen, geh ich in die andere. Ich versuche immer, mein eigenes Ding zu machen, egal wie absurd es sein mag. Als ich mit dem Fotografieren anfing, sah ich, dass es nicht besonders üblich war, die Stilrichtungen der Street- und Modefotografie miteinander zu vermischen. Ich liebte die Modefotografie der 60er-Jahre, während mir der moderne, ausschließlich auf den Konsum von Kleidern ausgerichtete Ansatz vollkommen leer und bedeutungslos erschien. Warum sollte die fotografische Darstellung von Kleidungsstücken nicht auch subtil eine etwas tiefgründigere Aussage beinhalten? Fessele die Aufmerksamkeit des Publikums! Wenn sich der Betrachter vom Bild angezogen fühlt, dann fühlt er sich unweigerlich auch zur Marke hingezogen – und es bleibt etwas hängen. Meine Klienten schätzen das. Ich will keine sterilen, aufdringlichen Werbeanzeigen erschaffen, sondern Modefotografien, die in 20 oder 50 Jahren immer noch an einer Wohnzimmerwand hängen könnten. Zwar gelingt es mir nicht immer, und es ist auch nicht mit allen Labels möglich – aber glücklicherweise kann ich mir mittlerweile meine Arbeit weitgehend aussuchen. Am liebsten sind mir jene Klienten, die mir freie Hand lassen. Der Druck ist dann in gewisser Weise noch größer, aber andererseits ist es gerade das, was ich daran so liebe. Kurz vor einem Shooting bin ich oft sehr nervös, denn wenn du spontane Elemente mit einem beruflichen Auftrag vermischst, kannst du dir nie so ganz sicher sein, was am Ende herauskommen wird! Du musst stets geistesgegenwärtig agieren und auf viele Tricks zurückgreifen können.
Arbeitest du lieber monochrom oder in Farbe?
Monochrom, monochrom, monochrom. Selbst wenn ich in Farbe fotografiere, ist es offensichtlich, dass das Licht immer meine Priorität ist. Das heißt: Auch in meiner Farbfotografie verfolge ich stets einen monochromen Ansatz. Ich glaube, das ist in meiner Arbeit ziemlich erkennbar; mein Hauptaugenmerk liegt immer auf Schatten und Highlights.
Du reist sehr viel und besuchst dabei auch Star-Fotografen wie Nobuyoshi Araki. Wie war es mit ihm? Was hat dich beeindruckt?
Wow, er ist eine solche Legende! Ein wahrer Künstler. Voller Energie und sehr freundlich. Ich wollte die Zeit nutzen, im Zuge unseres Porträt-Shootings mehr über ihn zu erfahren – und fand dabei viel mehr heraus, als ich mir je erhofft hatte. Er verdeutlicht in jedem Aspekt seiner Person, wer und was er ist – von seinem Haarschnitt und seiner Brille bis hin zum Gewebe seiner Kleidung. In alledem ist er vollkommen präsent, man muss sich nur die Zeit nehmen, richtig hinzuschauen. Er ist einer der interessantesten Menschen, die ich je fotografiert habe, mit so viel Leidenschaft und Wärme – eine absolute Inspiration. Ich schätze mich sehr glücklich, dass mir diese wirklich besondere Erfahrung gewährt wurde.
Für das S Magazin hast du eine Schwarzweißstrecke in Paris fotografiert. Worum geht es da?
Mit dieser Geschichte bin ich wieder zu meinen klassischen Schwarzweißansätzen zurückgekehrt. Ich hatte das Gefühl, zu viel Zeit mit kommerziellen Projekten nach den Vorstellungen anderer verbracht zu haben, sodass ich mich von meinem klassischen Look entfernt hatte. Mein Ziel war es, eine Modestrecke zu realisieren, in der kommerzielle Elemente, wie das Fokussieren auf Details, mit einem Mix aus Street-Fotografie, Bewegung, und natürlich Licht vereint werden. Im Grunde genommen geht es um Licht: Diese Paris-Strecke ist „typisch ich“.
Du hast mit der Leica SL fotografiert. Und ein Making-of-Video mit dem Huawei P10 Plus gefilmt. Hat dieses Equipment deine Erwartungen erfüllt?
Die Leica SL ist die Kamera, mit der ich momentan am liebsten arbeite. Für lange Zeit hatte ich mich ganz den M-Modellen verschrieben – analog und digital –, aber sobald ich die SL an mein Auge hielt, war es Liebe auf den ersten Blick! Ich musste sie einfach haben. Anfangs kombinierte ich die SL mit den M-Objektiven, aber dann probierte ich das SL 24–90mm aus, und wieder war’s um mich geschehen! Es ist ein sehr versicherndes Gefühl, genau zu wissen, mit welchem Resultat du rechnen kannst – sowie die Möglichkeit zu haben, die Brennweite innerhalb von Sekundenbruchteilen zu verstellen, wenn sich die Situation verändert. Besonders bei meinem Arbeitsstil ist es wichtig, anpassungsfähig zu bleiben. Mit der SL kann ich meine kommerziellen Shootings viel freier und flexibler realisieren. Und der Sucher ist ein absoluter Traum – genau wie der gesamte Workflow. Die Huawei-Leica-Kollaboration gewinnt mit jedem Modell weiterhin an Stärke. Ich finde es unglaublich, dass man mit dem Huawei-Mate-10-Pro-Smartphone eine derartige Bildqualität erreichen kann. Klar wird es nie ein Ersatz für meine SL- oder M-Modelle sein, aber es ist einfach toll, dass ich es während eines Shootings rausnehmen und ein paar zusätzliche Bilder aufnehmen kann oder wenn nötig auch ein ganzes Video. Ich habe das Huawei Mate 10 Pro sogar schon bei Magazinprojekten verwendet. Was mich besonders beeindruckt, ist die Art, auf die KI in den fotografischen Prozess dieser Geräte integriert wurde. Es ist wirklich atemberaubend zu sehen, was Leica und Huawei in dieser Hinsicht gerade erreichen: Das Smartphone kann innerhalb von Sekundenbruchteilen in mehreren Bildteilen Korrekturen ausführen sowie Einstellungen auswählen – es ist somit nicht nur schneller als ich, sondern denkt auch an Aufgaben, die ich oft vergesse oder auf die ich in der Nachbearbeitung keine Lust mehr habe.
Du bist Huawei-Brand-Ambassador und gleichzeitig Leica-Fotograf. Was hältst du von der Smartphone-Fotografie, und wann arbeitest du mit professionellem Equipment?
Meine Zusammenarbeit mit Huawei begann bereits mit der P9-Version mit Leica-Doppelkamera. Wie erwähnt, habe ich mit den Geräten schon Modevideos für den professionellen Einsatz geschossen. Ich würde auch gern ganze Bildstrecken auf diese Art fotografieren. Die Jpeg-Dateien sind absolut fantastisch, und falls ich etwas mehr Spielraum brauche, habe ich auch noch unglaublich detaillierte Raw-Dateien.
Welche fotografischen Projekte planst du für 2018?
Ich werde weiterhin als Photographic Director für das Magazin „The Fall“ tätig sein, und habe auch eine Reihe von Huawei-Projekten in Vorbereitung. Ich bin mittlerweile recht wählerisch geworden, was meine Arbeit betrifft, und würde mich im kommenden Jahr gern mehr persönlichen Projekten widmen – etwas mehr mit Abstraktion und Kunstfotografie experimentieren, mehr Porträts machen, wenn sich die Möglichkeit und das richtige Sujet präsentiert. Allerdings hängt alles davon ab, ob mir mein Agent genügend freie Zeit gewährt. Im Laufe der letzten zwei Jahre habe ich ziemlich viel gearbeitet, und während ich mich darüber natürlich nicht beschwere, ist mir klar geworden, dass es für mich auch extrem wichtig ist, eine gewisse Balance zwischen kommerziellen und unabhängigen Projekten zu finden.