INTERVIEW
Erika Astrid
Leica S (Typ 007) with Elmarit-S 45 f/2.8 ASPH. (CS), APO-Macro-Summarit-S 120 f/2.5 (CS)
Erika Astrid @erikaastrid Hillary Comstock @hilly__c caption:Makeup: $Esther Foster @fostermakeup Grissel Esparza @grisselhair Goodguys Production @editorial.retoucher
Kindermalereien gaben ihr die Inspiration für eine ganz besondere Fotostrecke: Die Fotografin Erika Astrid verfolgt in ihren Mode-Shootings einen künstlerischen Anspruch, der durch „Mood“ – Atmosphäre, Gefühle, Spirit – erzeugt wird. Mit jedem Bild erzählt sie so eine eigene, individuelle Geschichte.
Es gibt Modefotografien aller Arten und Formen, welchen Weg hast du gewählt?
Wenn ich fotografiere, geht es mir weniger um die Mode, sondern mehr darum, eine Story zu erzählen. Ich fange immer mit dem Mood an – und dann kommt der Rest.
Du benutzt Stilmittel wie zum Beispiel Spiegelungen. Ist Modefotografie für dich Kunst?
Auf jeden Fall. Wie gesagt, ich benutze Mode als Kunst, um eine Story zu erzählen. Die Brands interessieren mich dabei nicht wirklich, sondern das, was das Kleidungsstück aussagt und wie es Teil des Ganzen wird.
Du bist selbst Modedesignerin – was hat dich an der Fotografie darüber fasziniert?
Es stimmt, dass ich von 2004 bis 2012 ein Modelabel hatte. Damals war ich sehr jung, und die Erfahrung damit hat mir geholfen, Eigenständigkeit und Sicherheit im kreativen Bereich zu entwickeln. Da ich das Leben über Bilder „lese“, war die Fotografie bei mir schon immer angelegt. Ich habe mich quasi über die Beschäftigung mit der Mode dahin entwickelt, erst zögerlich, und es dann umgesetzt.
Fühlt man sich als Modefotografin oft eingeengt?
Anfangs war es für mich schwierig, Auftragsarbeiten von Kreativarbeiten zu trennen, aber mittlerweile ist es kein Problem mehr. Die Kunden buchen mich wegen meines Stils, aber meistens wollen sie es dann doch kommerzieller, was für mich aber völlig verständlich ist. In meiner freien Zeit mache ich dann viel Kreatives und tobe mich dabei sozusagen aus.
Deine Bilder sind im Studio entstanden; wie hast du gearbeitet?
Der Mood ist gewissermaßen die Initialzündung. Alles andere entwickelt sich daraus. Ich folge intuitiv dieser Linie, lasse mich davon mitnehmen. Erst wenn ich am Ende dieses Prozesses angekommen bin, bin ich fast zufrieden.
Die Serie zeigt sowohl Farb- als auch Schwarz-Weiß-Aufnahmen, wonach entscheidest du deine Wahl?
Ich fotografiere nur in Farbe, aber manchmal entscheide ich mich um, während ich die Bilder bearbeite. Alles was ich tue, ist, diesem inneren Prozess folgen. Die Entscheidung erfolgt auf diesem Weg.
Deine Models tragen gemalte Linien um die Augen, im Gesicht. Was steckt hinter dieser Idee?
Kindermalereien haben mich dazu inspiriert. Bei Beauty-Shootings kollaboriere ich immer mit dem Beauty-Team. Ich habe die Grundidee, und dann lasse ich sie durch das Team selbstständig und kreativ umsetzen. Gefällt mir etwas nicht, sage ich es natürlich, und wir tauschen uns aus, bis es passt.
Deine Fotografie wirkt sehr klassisch und reduziert – ist das auch ein Ausdruck deines Verständnisses von „Beauty“?
Ich habe über die Jahre gelernt, dass weniger mehr ist. Und wenn ich schon die Gesichter der Modelle komplett anmale, muss der Rest schlichter sein. Es geht dabei wirklich um die perfekte Balance, und das ist nicht immer leicht. Ich habe schon oft Shootings durchgeführt, bei denen irgendetwas zu viel und damit die Balance gestört war. So lerne ich mit jedem Shooting dazu.
Wenn du fotografierst, denkst du dabei an deine eigenen Emotionen oder an die des Models?
Ich denke gar nicht, sondern ich folge diesem Prozess: Ein Teil davon ist der Vibe, die Stimmung zwischen dem Model und mir, und so entstehen dann die Bilder.
Du hast mit einer Leica S fotografiert …
Super. Wirklich eine tolle Kamera, die Farben sind wunderschön – wie bei einer Filmkamera.
Du lebst in Amerika, bist aber in Deutschland aufgewachsen. Gibt es so etwas wie ein deutsches oder ein amerikanisches Stilmittel in der Fotografie?
Das könnte sein, aber ich habe noch nie so darüber nachgedacht. Ich bin Deutsch-Amerikanerin, mein Vater ist Amerikaner, und meine Mutter ist Deutsche. Wahrscheinlich habe ich von beidem etwas. Vielleicht ist die deutsche Seite eher reduziert und begrenzt, die amerikanische dagegen wilder und freier.
Der Franzose Yann Arthus-Bertrand hat einmal gesagt: „The Earth is art, the photographer is only a witness.“ Ist das auch deine Erfahrung als Fotografin?
Ja, ich denke schon. Ich fange nur das ein, was mir begegnet. Wenn ich versuche, etwas zu erzwingen, wird es meistens nichts. Also bin ich mehr oder weniger nur der Zeuge dessen, was mir über das Sehen und Empfinden widerfährt. Und das gebe ich wieder.