Cédric Viollet beschreibt seinen fotografischen Ansatz als dokumentarisch. So hält er es auch in seiner Modefotografie: Porträts wechseln sich mit Landschaftsaufnahmen und Stillleben ab. Für die Strecke, die er während des Pferderennens „Gallops of Morocco“ fotografierte, engagierte er weder Models noch Assistenten noch suchte er nach passenden Locations. Er arbeitete mit den Mitteln, die bereits vorhanden waren.
Wie kam es zum Projekt „Gallops of Morocco“?
Ich hatte eigentlich den Auftrag, das einwöchige Rennen zu dokumentieren, das 200 Kilometer durch die marokkanische Wüste führt. Für die Rennpausen bekam ich von der „Sports & Style“-Redaktion die zusätzliche Aufgabe, Teile aktueller Luxuskollektionen vor der Kamera zu inszenieren.
Was unterschied dieses Shooting von einem regulären Fashion-Shooting?
Normalerweise ist alles fake: die Models, das Setting, das Licht. Für dieses Geschichte arbeitete ich mit den vorhandenen Konditionen und den Protagonisten vor Ort. Modefotografen haben meist mehrere Assistenten und viel Vorbereitungszeit. Ich hatte nur eine Stylistin dabei und einen Kofferraum voller Luxusklamotten.
Wieso warst du genau der Richtige für dieses Unterfangen?
Aus meiner Zeit als Skateboardfotograf kenne ich es, auf mich allein gestellt zu sein und mit Widrigkeiten wie dem Wetter, der Polizei oder unwirschen Passanten zurechtzukommen. Also konnte ich auch in Marokko mit dem täglichen Wüstensturm, der brütenden Hitze und dem allgemeinen Chaos um mich herum umgehen.
Welche Fähigkeiten aus jener Zeit konntest du noch anwenden?
Als Skateboardfotograf musst du schnell sein und mit dem Licht arbeiten, das draußen gerade vorhanden ist. Das ist eine gute Schule. Damals habe ich gelernt, mit Licht und Schatten zu arbeiten. Für die Vorhersage der Windrichtung und den Umgang mit den unregelmäßigen marokkanischen Böen kam mir meine langjährige Erfahrung als Surfer zugute.
Du hast zum ersten Mal mit der Leica SL gearbeitet. Hattest du noch weitere Kameras dabei?
Nein, ich hatte nur die Leica SL dabei. Dazu ein einziges 50-mm-Objektiv, um nicht zu riskieren, dass bei einem Objektivwechsel Sand in die Kamera gerät. Damit war ich sehr zufrieden, da die wetterfeste Kamera die erhofften Resultate lieferte.
Wie bist du zur Modefotografie gekommen?
Ich bin da eher hineingestolpert. Nach einem abgebrochenen Kunstgeschichtsstudium in Paris war ich erst mal ein Jahr in London und habe schnell Jobs bekommen. Später arbeitete ich für verschiedene Marken.
Was bedeutet die Modefotografie für dich?
Sie ist mehr als nur das Ablichten aktueller Kollektionen. Jede Saison muss man eine neue Geschichte zu den Kleidern erzählen. Daher ziehe ich meine Inspiration aus anderen fotografischen Genres wie Landschafts-, Reportage- und Porträtfotografie, der „echten“ Fotografie sozusagen.
Welcher Fotograf inspiriert dich am meisten?
Mein erstes Fotobuch war eines von Josef Koudelka, der mir bis heute fotografisch, aber auch menschlich ein Vorbild ist. Mir gefällt, wie er sein Leben im Exil gestaltet hat und wie er nur mit dem Rucksack und einem Notizbuch die Welt bereist hat.
Wie ist deine Beziehung zu Leica?
Meine persönliche Leica-Geschichte begann 2004, als ich eine M6 geschenkt bekam und sechs Monate lang auf ein 35-mm-Objektiv sparte. Von da an fotografierte ich nur noch mit dieser Kamera. Später kam eine M7 dazu, die ich für die meisten freien Projekte benutzt habe. Die SL hatte ich mir für dieses Projekt ausgeliehen.
Wie schaffst du es, neben der kommerziellen Arbeit auch deine persönlichen Projekte voranzutreiben?
Nach 15 Jahren im Geschäft weiß ich, wie wichtig es ist, eine gute Balance zwischen kommerziellen und persönlichen Projekten zu finden. Ich reserviere bewusst Zeit für meine Projekte wie „Eastern Exposures“ und „Rinxiety“. Ich habe auch gelernt, meine persönliche Note in die kommerzielle Arbeit zu integrieren.
Kannst du das an einem Beispiel erklären?
Manchmal lohnt es sich, für seine Ideale einzustehen. So setzte ich mich dafür ein, die Strecke „Gallops of Morocco“ nicht zu retuschieren, da es sich ja um „echte“ Menschen handelt und nicht um professionelle Models. Ich habe hart dafür gekämpft und mich schließlich durchgesetzt.