INTERVIEW
Erizée
Alizée Lutz Genevieve Liberte
Leica S (Typ 006) mit Summicron-S 1:2/100 ASPH.
Alles ist schön – findet das Künstlerduo Erizée aus Los Angeles. Eric DosSantos und Alizée Lutz setzen auf ihren Bildern die Mode geheimnisvoll in Szene. Und können sie so gemeinsam mit dem Betrachter entdecken.
Eure Arbeit trägt den Titel „Freedom in Beauty“. Was bedeutet das für euch? Und wie wird die „Freiheit" in eurer Fotografie sichtbar?
Eric DosSantos: Die „Freiheit in der Schönheit“ ist wie jede Freiheit oder Schönheit an sich. Der Unterschied zwischen beiden ist, dass Freiheit eine Wahl und Schönheit immer um uns herum oder in uns ist. Für diese Serie hat Alizée beschlossen, die Schönheit anhand weiblicher Formen zu zeigen. Der Körper einer Frau ist sehr reizvoll, und sie hat ihn befreit, indem das Model vor der Kamera die Freiheit bekam, ihre Schönheit, Leidenschaft und Weiblichkeit auszudrücken.
Wie seid ihr zur Fashion- und Beauty-Fotografie gekommen?
Ich habe eigentlich als Modefotograf angefangen, bin dann aber langsam in Richtung abstrakte Kunst und Produktfotografie abgeschweift. Seit ich mit Alizée zusammenarbeite, sind wir jedoch wieder zur Mode und Schönheit zurückgekehrt.
Woher bekommt ihr eure kreative Inspiration?
Die Inspiration kommt von Alizée. Sie ist die künstlerische Leiterin und stammt ursprünglich aus der Beautyfotografie. Als Feministin äußert sie sich so, dass sie die Weiblichkeit und Macht der Frauen in den Vordergrund stellt.
Wonach sucht ihr in der Fashion-Fotografie? Was ist eure Vision?
Modefotografie bedeutet nicht nur, den letzten Schrei wiederzugeben. Sie sollte auch das widerspiegeln, was Mode uns allen bieten kann. Für Alizée ist Mode zunächst eine Kunstform, in der wir uns selbst ausdrücken können. Sie ist fasziniert davon, wie ein Stück Stoff den Blickwinkel auf alles, was wir sehen, verändern kann.
Die Bilder zu dem Portfolio sind mit der Leica S 006 entstanden. Wofür war genau diese Kamera wichtig?
Ich glaube, dass die 006 die besten Farben der Welt produziert. Ich habe mit allem fotografiert – von Hasselblad über Leaf, Fujifilm GFX bis hin zu Phase One/Alpa. Aber das S-System bietet die beste Kombination aus Geschwindigkeit, Farben und Schärfe. Es ist wirklich die ultimative Mittelformatkamera für mich.
Der Fotograf Andreas Feininger hat einmal gesagt „Talent ist wichtiger als Technik“. Du, Eric, bist Ingenieur, also ein Vertreter der Technik. Was denkst du darüber?
Für mich ist die Technik sehr wichtig in meiner Arbeit, weniger im Bereich der Mode- als in der Produktfotografie. Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob man Talent und Technik von ihrer Bedeutung her überhaupt vergleichen sollte. Ich denke, dass einfach beides wichtig ist. Und Talent ohne Technik würde eher zufällige Bilder ohne Raffinesse erzeugen.
Wie läuft euer fotografischer Prozess genau ab?
Dieses Shooting verlief eigentlich sehr willkürlich. Wir haben für eine Kundin fotografiert, das Model hatte zufällig die Vintage-Kleidung dabei, und wir haben einfach losgelegt. Ohne Vorbereitung also, sehr intuitiv. Ich fand, dass eine Nahaufnahme sehr gut zu der besonderen Spitze der Kleidung passte. Was den Arbeitsablauf betrifft, so habe ich die Leica S in 99 Prozent der Fälle immer mit einem MacBook Pro verbunden. Damit kann ich gleich beim ersten Mal eine präzise Beleuchtung absichern.
Eure Fotografien wirken mitunter wie Geheimnisse. Die Models tragen Schleier, verhüllen sich, oder die Bilder sind stark in ihrer Unschärfe. Ist genau das eure Intention – dass der Betrachter seine eigene Interpretation entwirft?
Wie bei jeder Kunst sollte der Betrachter seine eigene Interpretation haben, das genau ist die Schönheit der Kunst. Bei dieser Serie wollten wir einen Teil dem Geheimnis überlassen; es macht keinen Spaß, alles zu wissen. Wir können gemeinsam entdecken. Es war wichtig, dass sich das Model vor uns befreit und eins mit der Spitze wird. Manchmal versteckt sie sich dahinter, manchmal rückt sie selbst in den Vordergrund, und manchmal hilft ihr die Spitze dabei, ihre Schönheit zu zeigen. Die Nahaufnahme akzentuiert das Ganze.
Welche Kriterien sind euch bei der Modelauswahl wichtig? Was muss euer Model mitbringen?
Um ehrlich zu sein: Es kommt darauf an. Alizée hat ein besonderes Auge für Models, sie liebt es, so etwas wie einen Instinkt zu spüren. Und manchmal passt das Aussehen des Models zum Projekt.
Was bedeutet „schön“ für euch selbst? Welche Dinge im Leben würdet ihr so bezeichnen?
Schön ist so ein einfaches Wort. ALLES ist schön, auch das Hässliche. Ich denke, das Leben selbst ist schön, die Natur, die Farben, die Tiere, unsere Körper, die Liebe … die Art und Weise, wie alles zusammenkommt. Man muss nur darauf vertrauen, und alles wird gut.