INTERVIEW
Janina Fleckhaus
Janina Fleckhaus Gabriella Stival Akiko Kawasaki mit Produkten von Bumble and Bumble Aga Dobosz @ Carol Hayes mit Produkten von 3INA Emma @ Models 1 Leica S (Typ 006) mit Summarit-S 1:2.5/70mm APSH. (CS), Apo-Macro-Summarit-S 1:2.5/120mm (CS)
In „Fragile Nature“ bespielt Janina Fleckhaus das Thema Vergänglichkeit in einer geheimnisvoll-melancholischen Traumwelt aus malerischen Stillleben, Landschaften und Porträts.
Du lebst und arbeitest in London, kommst aber ursprünglich aus Deutschland. Inwieweit beeinflussen die beiden Länder und ihre Traditionen deine Art zu fotografieren?
Mich hat das Fernweh schon sehr früh gepackt. Nach der Schule wollte ich eigentlich ins Ausland, wurde dann aber direkt an der einzigen Uni, an der ich mich beworben hatte, angenommen. In meinem letzten Jahr habe ich dann ein Auslandssemester in Cornwall verbracht und schnell festgestellt, dass ich mich in England mehr zu Hause fühle als in Deutschland. Die Menschen hier nehmen sich nicht so ernst, und irgendwie ist alles ein bisschen lockerer. Vielleicht lebe ich ein wenig in einer Idealvorstellung, aber das Gras ist hier einfach grüner. Besonders inspirieren mich die englischen Landschaften. Von subtropischen Stränden zu den kleinen Dörfern und die Hügel dazwischen.
Bevor ich nach London gezogen bin, habe ich in Hamburg gelebt. Fotografisch bin ich dort schnell an meine Grenzen gekommen. Obwohl ein Großteil meiner Inspiration der Epoche der deutschen Romantik entspringt, allem voran den Gemälden von Caspar David Friedrich, hatte ich immer das Gefühl, dass meine Art von Fotografie zu verträumt für Hamburg ist.
Wie bist du überhaupt zur Modefotografie gekommen?
Als ich angefangen habe zu studieren, hatte ich noch keine Ahnung, in welche Richtung ich gehen möchte. Bis ich mich für die Modefotografie entschieden habe, habe ich erst einmal alles ausprobiert. Schnell hat sich aber herausgestellt, dass ich lieber etwas von innen heraus kreieren möchte als es dokumentarisch festzuhalten. Modefotografie ist für mich die kreativste Form der Fotografie. Meine Ideen entspringen meist einem bestimmten Gefühl, das ich bildlich darstellen möchte. Mode spielt eine wichtige Rolle, um in dieser Art Traumwelt zu bleiben.
Worum geht es in deiner Geschichte „Fragile Nature“?
In „Fragile Nature“ geht es um Vergänglichkeit und um Gegensätze. Zur Geschichte habe ich mich von Stillleben der klassischen Malerei inspirieren lassen. In den Vanitas-Gemälden geht es meist um die Vergänglichkeit des Lebens. Was hier und jetzt ist, kann morgen schon nicht mehr da sein. Leben und sterben, ein Gegensatz, der eine gewisse Melancholie mit sich bringt. Dieses Gefühl habe ich für die Geschichte als Ausgangspunkt genommen.
Der Look in „Fragile Nature“ wirkt, als wäre er von der Malerei beeinflusst. Welche Rolle spielen hier die Farben oder das besondere Licht?
Licht und Farben spielen eine große Rolle in all meinen Arbeiten. Mir ist es wichtig, dass der Betrachter in eine andere Welt eintauchen kann. Ich liebe es, mit Tageslicht zu arbeiten. Das graue Wetter in England kommt mir da meist sehr gelegen. Für die Geschichte habe ich zusätzlich noch ein hartes Fülllicht gewählt, das ein schöner Kontrast zu dem weichen Tageslicht ist und somit auch inhaltlich ein weiterer Gegensatz. Mit den Farben in meinen Bildern gehe ich meist vor wie mit Farben in einem Gemälde. Hintergrund, Mode und Make-up müssen harmonieren und ein Ganzes ergeben.
Deine Story für das S Magazin wechselt zwischen Studio und Location? Ist das ein bewusst eingesetzter Effekt?
Konzeptionell wollte ich mit Gegensätzen spielen. Studio und Location sind nur einer dieser Gegensätze. Nah und fern, Mensch und Natur sind zwei weitere Gegensätze, die Teil der Geschichte sind.
Wie groß war dein Team? Sind das Menschen, auf die du dich verlassen kannst? Hast du ein festes Team, mit dem du immer wieder zusammenarbeitest?
Mein Team ist immer sehr klein. Ich versuche, so wenig Leute wie möglich am Set zu haben. Meine Shootings sind meist wie Ausflüge mit Freunden. Auch wenn ich oft mit neuen Leuten zusammenarbeite, verstehen wir uns alle immer so, als ob wir uns schon ewig kennen. Mir ist es sehr wichtig, dass sich alle gut verstehen. Ich lebe erst seit knapp einem Jahr in London und baue mir gerade ein Netzwerk aus Leuten auf, auf die ich mich verlassen kann.
Gibt es Einflüsse in der Fotografie, die sich in deiner Arbeit widerspiegeln? Gibt es Fotografen, die dich in besonderer Weise geprägt haben?
Es gibt wirklich nicht viele Fotografen, die mich besonders geprägt haben, da ich mich bis heute lieber mit klassischer Malerei beschäftige als mit anderen Fotografen. Eine Ausnahme ist Tim Walker. Er war einer der ersten Modefotografen, auf die ich aufmerksam wurde, als ich angefangen habe, mich für Fotografie zu interessieren. Bis heute ist er wohl auch einer der wenigen, zu denen ich hinaufschaue. Ich liebe die Welten, die er kreiert, fernab der Realität. Außerdem haben mich die Porträts von Julia Margaret Cameron sehr beeinflusst. Sie war eine der ersten Frauen in der Fotografie. Ihre Art, mit Unschärfen zu fotografieren und ihre Modelle heilig und anmutig darzustellen, fasziniert mich noch immer.
Welche Charakteristika muss eine Kamera für dich haben? Und wie war es für dich, mit der S zu arbeiten?
Ich fotografiere normalerweise mit einer spiegellosen Kamera. Das Fotografieren mit der Leica S war ein neues Erlebnis, und ich muss gestehen, dass ich mich ein wenig verliebt habe. Besonders begeistert bin ich von den Farben, die die Kamera produziert. Die Farbdynamik der S erinnert mich an die Farbwelten der Malerei. Normalerweise lenke ich die Farben in der Bildbearbeitung in eine bestimmte Richtung, um diesen malerischen Effekt zu erzielen. Bei dieser Strecke habe ich die Farben bewusst so gelassen, wie sie aus der Kamera kamen.
Was möchtest du fotografisch zukünftig noch alles erreichen?
Irgendwann würde ich gern verschiedene Orte der Erde bereisen, mit einem Koffer voll Klamotten und einer Kamera. Vom höchsten Berg über die Wüste aufs Meer. Menschen aus den unterschiedlichsten Ecken kennenlernen und daraus eine Ausstellung machen.
Ansonsten habe ich keinen großen Masterplan, wie die nächsten Jahre aussehen sollen; ich möchte einfach so weitermachen wie bisher. Von der englischen Mentalität habe ich gelernt, keine großen Zukunftspläne mehr zu schmieden, da man nie weiß, was passieren wird. Spontaneität ist doch das Beste. Fotografie ist meine Leidenschaft, und das wird immer so bleiben, was auch immer die Zukunft bringen wird.