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Deformation · Loreen Hinz 1 / 1
Interview

INTERVIEW

Loreen Hinz

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FOTOGRAFIE Loreen Hinz ART DIRECTION Christian Ruess STYLING Alexandra Heckel @ Liganord HAARE & MAKE-UP Kim Keusen using Davines & Und Gretel MANICURIST Sakuya Miesczalok MODEL @ Seeds BODYMODEL Anne @ Seeds MODEDESIGNER Tata Christiane, Niels Gundtoft Hansen KAMERA Leica S (007) mit Summarit-S 1:2,5/35mm Asph, Summarit-S 1:2,5/70mm Asph.

Die Fotografin Loreen Hinz setzt sich mit dem idealen Körper auseinander. In „Deformation” verdreht, verzerrt und deformiert sie das Perfekte. Das Model – in Designs von Tata Christiane und Niels Gundtoft Hansen – nimmt dabei mal die Rolle einer italienischem Madonna, mal die einer Dali’schen Interpretation ein.

S Magazine: Du hast ursprünglich bildende Kunst und Illustration im Kommunikationsdesign studiert. Was führte dich danach letztendlich zur Fotografie?
Ich war schon seit meiner Kindheit sehr interessiert an Kunst und Kunstgeschichte, wollte dies auch ursprünglich studieren. Meine Eltern rieten mir zu einem konventionelleren Studiengang, um später mein Geld verdienen zu können. Nach meinem Abschluss und zwei Jahren Arbeit als Sales- und Eventmanager beschloss ich, meinen künstlerischen Neigungen zu folgen und studierte Kommunikationsdesign an der FH Wismar, wollte bildende Kunst und Illustration belegen. Im zweiten Semester mussten wir als Pflichtfach analoge Fotografie belegen, lernten die Arbeit in der Dunkelkammer und das Fotografieren mit Film. Nun hatten mich die Editorialstrecken in den Hochglanzmagazinen wie „Vogue“ und „Elle“ schon immer fasziniert, ich bin ein sehr visueller Mensch, und da wir außer zu den studentischen Fotolaboren auch Zugang zu einem großen Fotostudio und dem entsprechenden Equipment hatten, probierte ich mich dahingehend aus. Natürlich waren meine Mädchen, die Kleidung, das Licht, das Make-up nie so perfekt wie bei meinen Vorbildern, ich war permanent unzufrieden und frustriert, wollte die Fotografie aufgeben. Einen Wendepunkt in meinem Schaffen stellte der Moment dar, als ich die Arbeiten der Künstlerin Sarah Moon entdeckte. Ihre Darstellungsart erinnerte mich sehr stark an Malerei, ihre Technik zeigte mir, dass nicht nur ein absolut scharfes Foto perfekt sein kann. Ihre Fotografie war für mich der Hauptantrieb, meine fotografischen Experimente wieder aufzunehmen.

Man erkennt in deiner Fotografie, dass die Großen der Malerei offenbar eine große Inspiration für dich sind. Warum und wie inspirieren sie deine Arbeit? Wovon lässt du dich noch beeinflussen?
Wie bereits erwähnt, interessierte ich mich immer schon stark für Kunstgeschichte und die alten Meister, während meiner Schulzeit malte ich sehr viel. Auch heute lasse ich mich bei meiner Arbeit gern inspirieren von der Lichtgestaltung, der delikaten Farbpalette, den eingenommenen Posen der gemalten Modelle. Es liegt eine ätherische Schönheit, eine Lebendigkeit in den Frauenbildern der alten Meister, eine Dramatik, die auch ich gern in meinen Bildern erreichen möchte. Diese Epochen der Malerei sind mein „genetisches Grundmaterial“, welches unterbewusst immer auch meine Bildsprache und Bildauswahl beeinflusst. Ich vermeide es allerdings, Gemälde direkt zu kopieren, ich versuche stattdessen, Anklänge in meine Bilder einzubauen, Erinnerungen – sei es eine Handbewegung, eine Pose, die Konstellation der Figuren, die Farbigkeit.

Was für ein Konzept steht hinter der „Deformation“?
Schon lange beschäftigte mich die Idee der Transformation des Körpers, das surreale Erscheinungsbild des Menschen. Neben den alten Meistern interessieren mich auch die surrealen Welten von Magritte oder Dalí. In einer medialen Welt, in der der Mensch mit körperlichen Bildern förmlich erstickt wird, ist die Perfektion eines Körpers zum Ideal erhoben worden. Ich wollte diese Sicht gern aufbrechen, Körper deformieren, verdrehen, verzerren – eine andere Sicht des Körpers aufzeigen.

Das Model sieht in der Strecke mal aus wie eine italienische Madonna, mal wie ein Caravaggio-Modell. War das gewollt?
Es wurden für die Strecke die Kollektionen der beiden Jungdesigner Tata Christiane und Nils Gundtoft Hansen geshootet – sehr konträre Kollektionen. Während Tata Christiane bunt, schrill, laut ist, sind Nils’ Entwürfe rau, roh, hart – sowohl vom Schnitt her als auch vom Material. Als verbindendes Element wollte ich dem ganzen Konzept einen Schuss Klassik geben, einen Anklang an die Malerei, der sich durch die Serie zieht und die beiden Kollektionen in ihrer Modernität aufbricht. Sie hat unglaublich schöne, klassische Züge, ich mag ihre starken Augenbrauen. Die Haar- und Make-up-Künstlerin Kim Keusen hat durch ihr Styling diese mädchenhaft-malerische Anmutung noch verstärkt. Wie ich bereits erwähnte, sind meine Bildentscheidungen häufig unterbewusst beeinflusst durch meine kunsthistorische Bildung. Ich wähle ein Bild aus, wenn es zu mir spricht, wenn ich denke, dass es auch ein Gemälde sein könnte. Ähnlich ist es mir mit dieser Strecke gegangen, weshalb sie mal wirkt wie eine italienische Madonna und mal wie ein Caravaggio-Modell – beabsichtigt war es nicht.

Warum hast du dich in der kompletten Strecke auf Hochformate beschränkt?
Ich mag Hochformate einfach lieber als Querformate.

Wann fotografierst du monochrom, wann farbig, und wann mischst du?
Das ist meist eine spontane Bauchentscheidung, je nachdem, welche Variante der Bildwirkung am zuträglichsten ist.

Was bedeutet die Leica S für deine Fotografie? Arbeitest du häufiger im Mittelformat? Wo siehst du Unterschiede zum Vollformat? Welches Objektiv hast du bevorzugt eingesetzt?
Ich habe für diese Strecke das erste Mal mit dem Mittelformat gearbeitet und war begeistert davon. Ich muss gestehen, normalerweise arbeite ich im Kleinbildformat, sodass ich besonders dem gegenüber Unterschiede gemerkt habe. Ich bin vor allem ein Fan der Festbrennweiten und arbeite bei meiner eigenen Kamera meist mit 60 mm. Bei diesem Shooting habe ich das 30-mm-Objektiv genommen – es war eine Frage des Platzes. Die Leica war für mich insofern neu, als ich bisher ein Verfechter der Canon-Kameras war, aber die Handhabung und Bedienung der Leica finde ich persönlich nutzerfreundlicher. Allerdings war mir zartem Mädchen die Kamera nach einem ganzen Shootingtag zu schwer.

Was möchtest du fotografisch noch alles erreichen? Ist es dabei egal, ob du von Leipzig aus für die große Welt arbeitest?
Meine fotografischen Ziele und Wünsche sind vielfältig. Als Modefotografin möchte ich natürlich gern für die ganz großen Magazine und Brands, die ich früher vergötterte, arbeiten. Leipzig ist dabei nur mein Ausgangsort, meine Basis, mein Ruhepol. Hier leben mein Freund und mein Kind. Große Produktionen fotografiere ich meist in Berlin, ganz einfach, weil dort ein ganz anderes Netzwerk an Modellen, Stylisten und Haar- und Make-up-Künstlern vorhanden ist. Als Künstlerin möchte ich gern in Galerien und Museen auf der ganzen Welt ausstellen. Ich werde aktuell von zwei Galerien in Leipzig und München vertreten, hatte bereits internationale Ausstellungen in London, Mailand, Luxemburg, der Schweiz und den USA – aber da darf gern noch mehr kommen. Think Big!