INTERVIEW
Mark de Paola
Mark de Paola @depaolapictures Alessia Caliendo @alessiacaliendo Dora Hollosi @ Marilyn Agency Paris @hollosi.dora Kathy Le Sant @ Call My Agent @lesantkathy @callmyagent.fr Anita Bujoli @ Backstage Agency Paris @anitabujoli @backstageagencyparis Sage Backstrom SL 2 und MP 240 mit Leitz Cine Wetzlar M 0.8 Noctilux-M 1:0,95/50 und Leica S 007 mit Summicron-S 1:2/100 Asph.
Mark de Paola ist ein Mann mit vielen Leidenschaften: außer für die Fotografie für alles, was mit Passion und Integrität entstanden ist. Seien es Autos, Uhren, Füllfederhalter, schöne Motorräder oder Architektur. Als Regisseur und Fotograf versteht er es, seine Sujets in entsprechende Geschichten einzubetten. In einem Pariser Apartment widmete er sich vor dem Hintergrund der ausbrechenden Covid-19-Pandemie der inneren Einkehr.
Hier erzählt er, was ihn inspiriert, wie Film und Fotografie für ihn verwoben sind und wie seine visuelle Parabel über Isolation und den geheimnisvollen, tödlichen und unsichtbaren Feind – das Virus – enstanden ist.
Du arbeitest auch als Regisseur, was eine perfekte Voraussetzung dafür ist, Geschichten zu erzählen. Was sehen wir hier?
Eine Gesichte über Isolation und diesen drohenden, geheimnisvollen, tödlichen und unsichtbaren Feind. Ich hatte vom Coronavirus in den Nachrichten gehört, als es in China ausbrach, und es traf mich unmittelbar, weil ich sehr viel in China arbeite und so viele liebe Freunde dort habe. In der zweiten Februarwoche (2020) begann die New York Fashion Week, und dann ging es nach Europa, nach London, Mailand und auch nach Paris. Als wir in Italien waren, erfuhren wir, dass es am besten sei, sofort das Land zu verlassen, weil das Virus in einer kleinen Region in Norditalien nicht allzu weit von Mailand entfernt grassierte. Sie wollten die Stadt herunterfahren, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen. Wir nahmen Hals über Kopf einen Nachtzug von Mailand nach Paris, um weiterarbeiten zu können. Diese Strecke hier ist ein Teil dessen, was wir in Paris gemacht haben.
Es hat den Anschein, als hättest du das alles in einem privaten Umfeld aufgenommen.
Wir hatten diese wunderbare Pariser Wohnung, die auf den Bildern zu sehen ist. Ihre Energie hatte sich für mich in eine Enge, in eine Isolation verwandelt. Während wir weiter arbeiteten, fühlte ich mich innen und außen eingesperrt, um der Ausbreitung dieses Virus zu entgehen. Ich teilte das meinem Team eher beiläufig mit. Um das Gefühl von innen und außen zu bekommen, benutzte ich viel Glas; mit dem Blick durch das Material wird die Idee der Trennung transportiert. Ich platzierte Dora, unser Model, in der Kulisse und erzählte ihr ein wenig über die Geschichte, überließ sie aber sich selbst. So jung Dora auch ist, sie hat einen sehr eigenen Ausdruck.
Wie wichtig ist das Model für deine Arbeit? Was zeichnet ein gutes Model aus?
Die Wahl des Models ist von größter Bedeutung. Ich möchte da Menschen haben, die Seele haben und bereit sind, ihr Ausdruck zu verleihen, und die zu einer bestimmten Arbeit oder einem bestimmten Auftrag passen. Alles muss frei fließen. Das Geschäft der Fotografie ist eine Herausforderung, deshalb neige ich dazu, immer wieder meine Freunde einzuspannen, um die Verantwortung und den Druck, schöne Bilder zu produzieren, auf mehrere Schultern zu verteilen. Alessia Caliendo ist bei der Auswahl der Models sehr präzise, sie und ich sind meistens einer Meinung. Wir haben uns für Dora entschieden, weil sie über ihr Alter hinaus ein sehr jetziges und besonderes Aussehen und einen einzigartigen Ausdruck hat. Es hat Spaß gemacht, mit ihr zu arbeiten!
Wer oder was inspiriert dich? Man kann aus deinen Bildern lesen, dass es Fotografen wie Paolo Roversi, Lillian Bassman oder Sarah Moon sein könnten.
Ja, ich bewundere die Arbeit von Roversi sehr. Ich denke, wir sind uns in vielerlei Hinsicht simpatico, und wir beide haben lange Zeit an unserer Interpretation eines ähnlichen Stils gearbeitet. Roversi ist ein Visionär. Sarah Moon ist auch malerisch und sehr konsistent mit der menschlichen Wahrnehmung. Lillian Bassman, ja, und irgendwie erstaunlich, weil meine Mutter als Model ständig mit Lillian gearbeitet hat, als ich noch ein kleines Kind war. Sie standen sich ziemlich nahe. Lillian war eine experimentierfreudige Person, die herkömmliche Arbeitsweisen in ihre einzigartige Kommunikation verwandelte und sehr darauf achtete, bewegende Bilder zu produzieren, die die menschliche Psyche mit einbeziehen.
Deine Bilder strahlen etwas Filmisches und viel Wärme aus.
Definitiv. Ich glaube, viele Leute empfinden meine Arbeit als filmisch, weil ich die Unschärfe so einsetze, wie sie unserer Wahrnehmung entspricht. Ich arbeite liebend gern mit langen Belichtungszeiten, damit ich etwas von der Unschärfe herüberretten kann, die für uns so natürlich ist. Ich mache das sehr bewusst, um Lebendigkeit zu erzeugen, bewegende Bilder.
Erkläre uns, warum die Unperfektheit für dich perfekt ist.
Ich arbeite mit moderner Technologie und modernen Kameras, die zu großen optischen Leistungen fähig sind, und benutze sie als Werkzeug und Begleiter für mein eigenes Schaffen und meine eigene Kommunikation. Ich möchte eine Reihe von Verwendungsmöglichkeiten zur Verfügung haben. Ich möchte in der Lage sein, große gestochene Schärfe zu erzeugen, weil einige meiner Aufträge so sein müssen, aber auch einige Unschärfen und das Unvollkommene zu erforschen, weil unsere Vision nicht perfekt ist.
Mit welchem Leica-System hast du bei dieser Serie gearbeitet? Was mochtest du daran?
Ich habe mit meiner omnipräsenten M-Kamera gearbeitet, der MP 240, die ich wegen ihrer einzigartigen Rendering- und Videofähigkeiten liebe, zusammen mit dem Kinoobjektiv Leitz Cine Wetzlar M 0.8 Noctilux 1:0.95/50 mm. Ich benutzte auch die SL 2, bei der ich dasselbe Objektiv wie bei der M verwendete, sowie die Leica S 007 mit dem Summicron-S 1:2/100 mm Asph. Alle drei Kamerasysteme rendern unterschiedlich, und ich wähle je nachdem, wie ich mich unter den spezifischen Umständen fühle. Ich nehme alles mit offener Blende auf, denn die Leica-Optik, die ich verwende, ist dafür optimiert. Draußen benutze ich ND-Filter, um die maximale Blende halten zu können.
Es scheint so, als ob du nur mit natürlichem Licht arbeitest.
Ja, natürliches Licht. Ich liebe es. Es ist tatsächlich nur natürlich. Das schafft Intimität. Ich benutze keinen Blitz, weil dann der intime Rahmen gesprengt wird. Wenn man den Blitz benutzt, um ein Objekt zu beleuchten, ergibt das ein ganz anderes Bild. Das soll nicht heißen, dass ich nie mit künstlichem Licht gearbeitet habe, denn ich habe bei fast 700 Fernsehwerbespots mit künstlicher Beleuchtung Regie geführt, da bin ich sehr erfahren und fühle mich sicher. Natürliches Licht und eine natürliche Umgebung jedoch sind emotional ansprechend, eben weil sie natürlich sind.
Hast du schon zukünftige Projekte in Planung, über die du an dieser Stelle sprechen möchtest?
Obwohl es noch nichts Offizielles gibt, habe ich ein sehr spannendes Projekt in Form eines Kinofilms in Aussicht. Ich habe 20 Jahre damit verbracht, Clips zu drehen, und mich in den letzten fünf Jahren der Kunst gewidmet. Jetzt bin ich wieder bereit, in die Arena des Kinofilms zurückzukehren.