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Berlin Portfolio · Joachim Baldauf 1 / 1
Interview

INTERVIEW

Joachim Baldauf

2018_Portrait

Foto: Marina Geckeler

FOTOGRAFIE Joachim Baldauf  PROTAGONISTEN Jeanette Hain, Stefan Konarske, Luca Gajdus, Eva Padberg, Micheal Gwisdek, Eveline Hall, Patrick Hausding, Maria Dragus, Bibiana Beglau, Mario Galla, Erdal Yildiz, Jan Zühlke, Steven, Franziska Knuppe, Johnny Harrington, Sandra Treydte, Veza KAMERA Leica S2 mit Summarit-S 1:2,5/70mm Asph.

In seinem „Berlin Portfolio“ werden Bildpaare gezeigt, in denen der Berliner Fotograf Joachim Baldauf eine authentische Beziehung zwischen Personen und Orten konstruiert, die eine faszinierende, überzeitliche Ausstrahlung entfaltet.

S Magazin: Du hast in Berlin für unsere Strecke Orte gesucht, die für dich von besonderer Bedeutung sind. Was sind das für Orte, und warum hast du sie ausgewählt?
Joachim Baldauf: Das sind Orte, die mir in meinem Alltag begegnet sind, die mir von der Ästhetik her gefallen oder zu denen ich einen persönlichen Bezug habe. Die Fischerinsel, die Plattenbauten von Henselmann, das E-Werk in Mitte, eine original DDR-Dreiraumwohnung, die Pension Funk in Charlottenburg, der Europasportpark am Prenzlauer Berg, ein ehemaliges Ziegelwerk, mein Lieblingssee in Brandenburg oder der Schlosspark von Sanssouci. Es sind auch Fotos bei mir in der Wohnung entstanden. Zwischen Mittagessen und Kaffeeklatsch.

Auch deine Models sind handverlesen. Nach welchen Kriterien hast du sie ausgewählt?
Die ProtagonistInnen sind Menschen, die ich mag oder deren Arbeit ich schätze. Einige kenne ich schon lange, und wir sind befreundet. Ich arbeite sehr gern immer wieder mit denselben Leuten. Wie zum Beispiel seit 18 Jahren mit Veza. 2016 wird ein Buch erscheinen, das unsere langjährige Zusammenarbeit fotografisch und textlich dokumentiert.

Deine Bilder zeichnen sich durch eine gewisse Härte in der Lichtführung aus. Wieso bist du so definiert?
Interessanterweise fotografiere ich hauptsächlich mit Tageslicht oder weichem Licht. Die „gefühlte Härte“ kommt wohl durch die Art der Inszenierung. Ich arbeite sehr pur, und Licht ist in meiner Fotografie genauso wichtig wie Schatten. Gut gesetzte Schatten geben den Sujets Tiefe, Definition und eine gewisse Dramatik.

Die Sujets in deiner Strecke scheinen eine gewisse Emotion zu zeigen und auch auszulösen. Könntest du dazu etwas sagen?
Das ist genau das, worum es mir geht. Meine Fotos sollen berühren. Und das nicht nur für einen kurzen Moment. Ein gutes Foto bleibt auch noch nach Jahren ein gutes Foto, wenn es „echt“ ist. Wenn die Fotografie nicht modisch ist, ist sie immer zeitgemäß und modern. Die menschliche Natur ändert sich ja im Kern über die Jahre nicht, unsere Gefühlswelt bleibt die Gleiche.

Die Strecke lebt im Wesentlichen von Bildpaarungen. Was hat es damit auf sich, und hattest du diese Gegenüberstellungen schon vor dem Fotografieren im Kopf? Was ist das Konzept dahinter?
Da kommt ganz stark meine Ausbildung als Art Director durch. Durch Layout, Gegenüberstellungen oder Bildpaare lässt sich eine gewünschte Bildaussage verstärken. Ich fotografiere oft sehr konzeptionell.

Spielt das Styling eine relevante Rolle für dieses Konzept, oder war es durch die Protagonisten vorgegeben, weil es Teil ihrer Persönlichkeit ist?
Der Begriff „Styling“ hat oft den Beigeschmack von Verkleidung. Gute StylistInnen arbeiten aber Hand in Hand mit den FotografInnen und ProtagonistInnen. Für das „Berlin“-Portfolio haben unter anderem Claudia Hoffmann und Jane Garber das Styling gemacht. Beide sind sehr erfahren und eine große Bereicherung für meine Fotografie, da sie eben nicht verkleiden, sondern dem Foto das geben, was es braucht: Authentizität.

Welche Art der Beziehung baust du zu den Protagonisten auf? Wie intim ist das?
Das ist ganz unterschiedlich. Intimität entsteht einfacher im kleinen Team. Gute Models oder SchauspielerInnen (und auch FotografInnen) können Intimität „abrufen“, auch wenn das Studio voller Menschen ist. Für mich ist es wichtig, dass ich ein wenig über die Menschen weiß, die ich fotografiere. Meist dauert bei mir der Austausch vor dem Foto länger als das Fotografieren selbst. Und wenn in diesen Gesprächen eine gewisse Nähe entsteht, kann man die auch auf den Fotos spüren.

Man kennt dich als Perfektionisten. Wann bist du mit den Motiven zufrieden?
Perfektionist war ich schon als Kind. Da kommen die Gene meines Vaters ganz stark durch. Natürlich liegt Perfektion im Auge des Betrachters. Ich für meinen Teil möchte immer das geben, was im Rahmen meiner Möglichkeiten liegt. Das hat auch etwas mit Liebe zur Sache zu tun und mit Respekt den Menschen gegenüber, mit denen man zu tun hat. Wenn ich in ein Restaurant gehe, möchte ich ja auch am liebsten leckeres Essen genießen, das mit Hingabe zubereitet wurde.

Welche Eigenschaften muss die Kamera haben, mit der du am liebsten fotografierst?
Sie muss reibungslos funktionieren, robust sein und gut aussehen. Und das Ganze bitte mit der neuesten Technik. Ich liebe innovative Technik!

Wie intensiv fotografierst du? Du hattest vor vielen Jahren in London beschlossen, unbedingt kürzer treten zu wollen und es ruhiger angehen zu lassen. Das ist dir anscheinend nur kurzfristig gelungen. Sekt oder Selters?
Ich fotografiere sehr viel, gebe das „Vorn Magazine“ heraus und doziere. Das ist natürlich ein volles Programm, aber ich kann auch gut abschalten in meiner Freizeit. Privat mache ich nur ab und an mal Fotos mit dem Smartphone. Ich bin viel in der Natur und mache immer den kompletten August frei und im Dezember nochmals drei Wochen. Ohne Kamera, Computer und Telefon. Das ist dann Entspannung pur. Und zum Thema Sekt oder Selters … Leitungswasser!