INTERVIEW
Yves Kortum
Yves Kortum Christine Eckart Nadja Schweitzer and Gaelle Oppermann Lera Bubleyko @ Iconic Model Management Berlin and Melinda London @ Modelwerk Hamburg Alain Bianco Leica S (007) mit Summarit-S 1:2,5/70mm Asph. (CS), Summarit-S 1:2,5/120mm (CS)
Fasziniert von starken, selbstbewussten und gleichzeitig sinnlichen Frauen, kreierte der Luxemburger Fotograf Yves Kortum mit „Ein Hauch Newton” Bilder voller klischeehaft, dramatisch übertriebener Weiblichkeit. Eine Konfrontation mit dem großen Namen Newtons – gelungen auf eigene Art und Weise interpretiert.
S Magazin: Du bist in Luxemburg geboren und multikulturell aufgewachsen. Beeinflusst das deine Fotografie?
Yves Kortum: Dass ich viersprachig aufgewachsen bin, hat mich natürlich schon immer, von Anfang an, beeinflusst. Richtig entwickelt hat es sich aber erst auf den Reisen für meine Kunden. Ich kann mich sehr schnell und gut verständigen, mich von deren Traditionen, Filmen, Theaterstücken etc. inspirieren lassen. Ich habe mir aus jedem Land etwas mitgebracht: die große Klappe von den Franzosen, die Unpünktlichkeit von den Italienern, die Vorbereitung und Präzision von den Deutschen … meine Konzepte beruhen meistens auch auf verschiedenen kulturellen Hintergründen, ich liebe die Geschichte, die Musik, das Theater.
Selbstbewusste, starke Frauen mit viel Sexappeal sind offenbar ein Sujet, das dir besonders liegt. Wie willst du Frauen darstellen? Wie würdest du deinen Stil beschreiben, siehst du Parallelen zu Helmut Newton?
Ja, ich liebe es, starke Frauen abzubilden. Selbstbewusst, unabhängig, entschlossen, verführerisch, aber auch sensibel, dramatisch. Ich liebe die Dramatik in den Ausdrücken und den Posen, aber auch die übertriebene Weiblichkei und die Klischees. Darauf, dass meine Bilder Ähnlichkeiten mit den Arbeiten Newtons haben, werde ich oft angesprochen. Jean Claude Jitrois, der mit seinen Kleidern auch auf diesen Bildern vertreten ist, arbeitete in den 90ern fast ausschließlich mit Newton zusammen, auch heute heißen viele seiner Basics noch immer Helmut oder Newton, etwa der Rock mit Schlitz, „la jupe fondue Newton“. Ich hatte die Ehre, ganz am Anfang meiner Karriere in den 90ern ein paarmal im Team von Newton in Südfrankreich assistieren zu dürfen. Na ja, ich war nicht gerade der erste Assistent, sondern eher der Runner, ich hab den Café gemacht, den Models die Früchte geschält oder Aspirin besorgt, so etwas halt. Aber ich war da und habe es mit angesehen, es hat mich sehr inspiriert. Ich wäre jetzt aber der Letzte, der sich mit einem großen Meister wie Newton vergleichen würde, dafür habe ich viel zu viel Respekt.
Die Frauen für das S Magazin hast du ausschließlich in Schwarzweiß fotografiert. Nach welchen Kriterien fällt bei dir die Entscheidung, ob du in Farbe oder monochrom arbeitest?
Meistens kommt es darauf an, welches Theaterstück oder welchen Film ich kurz vorher gesehen habe. Ich liebe den Film noir aus den 1940er-, 50er- und 60er-Jahren. Meist rühren meine Inspirationen einfach daher, wo die weibliche Sinnlichkeit, Stärke und die Sensibilität für das Ewige fest verankert ist. Die Fotografie ist für mich wie Musik, wie die Emotionen, die durch sie entstehen. Ich liebe das Spiel am Piano, dort wo es nur schwarze oder weiße Tasten gibt.
Du benutzt in der Strecke fast nur Hochformate. Weshalb diese Beschränkung?
Im Studio mache ich fast keine Querformate, da meine Hintergründe meist nicht breit genug dafür sind. Ich beschneide auch nur höchst ungern, da ich Beine über alles liebe.
Das Posing in diesem eingeschränkten Rahmen ist ja nicht gerade trivial, welche Eigenschaften müssen Models mitbringen, damit du gern mit Ihnen arbeitest? Wie stark wirkst du beim Shooting auf sie ein?
Das Model muss den Fotograf verstehen, wissen was er will. Während des Shootings müssen Fotograf und Model zu einem Team verschmelzen können. Bei jedem Shooting erstelle ich ein Mood-/Storyboard, das das ganze Team inklusive Model im Vorfeld erhält, um sich vorzubereiten. Vor dem Shooting mache ich immer noch ein Briefing, was ich von den Models erwarte. Die meisten haben dann auch kein Problem, das umzusetzen. Details sind wichtig. Ich leite das Model immer wieder durch das Shooting, ich gehe auf sie ein, zeige andere Posen, sage, welchen Ausdruck ich will. Wir entwickeln uns zusammen, finden neue Ideen, manchmal kommt durch Zufall etwas auf uns zu, was das Bild besonders macht. Das kann alles mögliche sein, ein Windstoß, ein Stolpern, Haare, die im Gesicht kleben bleiben etc.
Deine Strecke kombiniert zwei Stylings. Was hat dich an ihnen gereizt und wie kamen sie zustande? Nach welchen Gesichtspunkten hast du die Labels wie etwa Etienne Jeanson, Jean Claude Jitrois und Christian Louboutin ausgewählt?
Ich arbeite sehr gerne mit diesen Marken zusammen, aber nur Leder am Model reich mir meistens nicht, dann versuche ich es mit Seide, Spitze oder einem etwas softeren Styling zu brechen. Manchmal aber auch nicht, es kommt ja auch auf die Stylistin an und darauf, wie sie es sieht. Oft wird am Tag des Shootings selbst ausprobiert, was zusammen passt.
Woran erkennt man deiner Meinung nach eine gute Strecke in einem Magazin?
An der Idee, an der Kreativität, Aufmachung, Ausführung und an der Kombination von Styling, Make-up und Hairstyles.
Hat die Leica S Eigenschaften, die für deine Art Bilder zu machen wichtig sind?
Die S ist wirklich sehr gut, was meine Art der Fotografie betrifft. Die Schärfe der S-Objektive ist kaum zu toppen genau so wie die Details in den hellen oder dunklen Tönen. Auch wenn es sehr dunkel ist, kommen die Details der Kleider, der Haut oder der Haare heraus. Der Übergang von Schwarz über die Grautöne auf Weiß ist sehr soft. Die Kamera liegt auch perfekt in der Hand.