Springs, Newton und Engelen in Berlin

09.05.2016

Helmut Newton, The Woman on Level 4, I, Monte Carlo, 2000 © Helmut Newton Estate

Am 1. Juni 2016 eröffnet die Sommerausstellung der Berliner Helmut Newton Stiftung. Unter dem Titel Alice Springs: The MEP Show l Helmut Newton: Yellow Press l Mart Engelen: Portraits vereint sie nicht nur drei Bildautoren, sondern auch drei unterschiedliche fotografische Ansätze.
Seit 1970 arbeitete June Newton, Witwe des legendären Mode- und Aktfotografen, unter dem Pseudonym Alice Springs selbst als Fotografin. Mehrfach haben sie und Helmut Newton zusammen ausgestellt, insbesondere das gemeinsame Projekt „Us and Them“. 2010 wurde die erste Alice Springs-Retrospektive in der Helmut Newton Stiftung realisiert; nun wird die 2015 vom Pariser Maison Européenne de la Photographie (MEP) organisierte zweite Retrospektive ebenfalls in Berlin gezeigt und von einer Publikation im Taschen-Verlag begleitet. In den zahlreichen Porträts ihrer Fotografenkollegen – darunter Richard Avedon, Brassaï, Ralph Gibson und natürlich Helmut Newton – sowie anderer Prominenter wie Nicole Kidman, Audrey Hepburn, Christopher Lambert oder Claude Chabrol gelingt es Alice Springs nicht nur, das Aussehen der Dargestellten einzufangen, sondern auch deren Aura. Der wortlose Dialog, der zu den außergewöhnlichen Porträts führt, scheint auf einer Art Seelenverwandtschaft zu fußen.
Die intensiven Bildnisse in Schwarz-Weiß und Farbe werden durch eine umfangreiche Bildserie von Straßenfotografien ergänzt, die in der Melrose Avenue in Los Angeles entstanden, wo Alice Springs in den 1980er- Jahren die kalifornische Punk- und HipHop-Szene aufmerksam dokumentierte. Diese anarchische Jugendkultur, gekennzeichnet durch teilweise radikale Frisuren und schrille Piercings, verweigerte sich der Idee einer kapitalistischen Gesellschaft. Nur einige Jahre später verebbte die musikalisch und modisch fundierte Protestbewegung in Kalifornien wieder; was von ihr blieb, ist die ausgestellte künstlerische Bestandsaufnahme, bei der die Punks posierten und die Fotografin inszenierte. Stets sind es Menschenbilder voller Empathie, die spürbare Mischung aus Einfühlung und Neugierde macht das Werk von Alice Springs bis heute so interessant.
Helmut Newton arbeitete nicht nur im Auftrag von Modezeitschriften oder Modedesignern. Er interessierte sich auch für Abseitiges, für Paparazzi-Bilder, für Polizei-Fotografie oder Kriminalgeschichten, kurzum: für die Yellow Press, der Mischung aus Sensationspresse und den Artikeln aus der Rubrik „Vermischtes“ der Tageszeitungen. Die gleichnamige Ausstellung „Yellow Press“, die noch vom Fotografen persönlich zusammengestellt und erstmals 2002 in seiner damaligen Züricher Galerie präsentiert wurde, ist eine ungewöhnliche Melange aus unterschiedlichen Werkgruppen, entstanden zwischen 1973 und 2002. Darunter finden sich mehrere Bildserien, die zuvor nicht in den Büchern von Newton veröffentlicht wurden, etwa eine Reihe, die er „Self-Appropriation“ nannte, eine Aktserie zum Thema „Lolita“ für den „Playboy“ oder eine Reportage im Auftrag von „Paris Match“ über eine aufsehenerregende Gerichtsverhandlung in Monaco.

Mehr Informationen unter: www.helmutnewton.com