Digitale FeaturesOf the FieldMike Tinney
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OF THE FIELD 21_©_MIKE_TINNEY_2016
Of the Field · Mike Tinney 1 / 1
Interview

INTERVIEW

Mike Tinney

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FOTOGRAFIE Mike Tinney KAMERA Leica S mit Apo-Macro-Summarit-S 1:2,5/120mm Asph.

In Anlehnung an William Shakespeares Drama „Heinrich VIII“ inszenierte der britische Fotograf Mike Tinney die poetische Still-Serie „Of the Field“. Gezeigt werden prachtvolle Blumen, die den Zenit ihrer Blüte bereits überschritten haben. Tinney sucht diesen Moment einzufangen und reflektiert so über die Vergänglichkeit der Existenz an sich.

S Magazin: Du bist Stillleben- und Doku-Fotograf. Wie kommt es, dass du dich für zwei so unterschiedliche Fotografiebereiche interessierst – und sind das nicht zwei völlig konträre Vorgehensweisen bei der Arbeit?
Mike Tinney: Die beiden Felder sind nicht so weit voneinander entfernt. Natürlich unterscheiden sich die Arbeitsprozesse, aber für mich und meine Arbeit sind sie beide im Grunde ein Einfangen von Details und die Hervorhebung des Unterschätzten.

Ich habe für einen Food-Fotografen gearbeitet; er kam ins Studio, nach dem Fitnessstudio und einem Kaffee mit Freunden – die meisten sind Banker und Anwälte –, und er zweifelte an der Relevanz des Fotografierens einer Schweinepastete im Zusammenhang mit dem großen Ganzen.

Damals wollte ich nur wissen, wie ich mit einem Aufwand von einer Menge X an Licht diese Pastete so gut aussehen lassen könne, wie mein Chef das konnte. Nun verstehe ich, was er sagte, und obwohl ich Tag für Tag Stillleben fotografiere, hatte ich immer einen Blick für die Welt – das ist meine Art, mit dem Leben in Verbindung zu bleiben.

Wie würdest du denn deinen Schwerpunkt beschreiben?
Die kleinen Dinge interessieren mich.

Du hast vor einiger Zeit bei Rankin als Assistent gearbeitet. Wie bist du dazu gekommen, eine Assistenz bei einem Mode- und Porträtfotografen zu machen, und welchen Einfluss hatte es auf deine weitere Entwicklung als Fotograf?
Durch Mode und Porträt kam ich zu Stillleben und Dokumentation. Wegen meiner Erfahrung im Food-Bereich kam ich dazu, eine Menge von Produkten hinter den Kulissen von Produktionen zu fotografieren. Dadurch bekam ich unschätzbare Erfahrungen mit Kunden – viele Fotografen halten sowohl Assistenten als auch Kunden auf Abstand, deswegen schätzte ich mich damals glücklich.

Außerdem sind wir viel gereist, und wenn ich frei hatte, ging ich mit meiner Kamera auf die Straße. Ich habe eine Menge von Rankin gelernt, aber ich würde nicht dazu raten, die Beleuchtung von Stillleben bei ihm lernen zu wollen!

Worum geht es in deiner Strecke „Of the Field“, die du für das S Magazin aufgenommen hast? Was ist die Idee dahinter?
Wenn man Dinge wegwirft – vor allem lebende – schmerzt das immer ein wenig. Eine Traurigkeit für das Gewesene, ein schmerzlicher Stich ins Herz. Diese Bilder sind eine Reaktion darauf – ein kleiner Weg, halbverwelkte Schnittblumen zu bewahren, die von einem Londoner Marktstand gerettet wurden, ihnen das Geschenk – wenn es denn eins ist – der Unsterblichkeit zu geben.

Wie entsteht so eine Stilllebenstrecke überhaupt? Brauchst du dazu so etwas wie einen Creative Director, einen Stylisten, der dir die Sets baut, oder kreierst du alles allein?
Ich habe allein gearbeitet. Ich habe neulich mit Prints auf einem unglaublich metallischen Papier gearbeitet. Ich wollte etwas haben, das von dem Papier erhöht wird. Ich werde die Bilder (und andere) bald ausstellen und gefalle mir in dem Gedanken, den Lebensweg dieser verblühenden Blumen ein wenig zu verlängern.

Das S Magazin gibt Fotografen für die Digital Features freie Hand, in dem Sinne, dass sie eigentlich machen können, was sie wollen. Findest du diese Freiheit gut, oder würdest du lieber mehr Guidelines haben?
Man fordert sich selber heraus, oder man wird herausgefordert? Ich mag beides.

Welche Rolle spielt für dich die Kamera? Ich nehme an, du bist mit vielen Systemen vertraut, darunter mit den Leica M- und S-Systemen. Was passt am besten zu deiner Art und Weise zu arbeiten?
Seit Kurzem nehme ich eine Leica Q für meine Dokumentationen und kann nicht genug davon haben. Ich schieße oft aus der Hüfte, und dies ist die perfekte Kamera dafür. Vorher habe ich eine M9 verwendet, aber der Autofokus und die hohe Lichtempfindlichkeit der Q fegen alle früheren Modelle weg. Ich mag auch das 24-mm-Objektiv. Die Blumen habe ich allerdings mit dem S-System aufgenommen. Mir gefällt die Einfachheit der S – zu den Objektiven gibt es nichts Vergleichbares.

Bearbeitest du deine Fotos allein, oder gibst du sie in die Hände von Dritten? Welche Bedeutung hat eigentlich die Postproduktion für deine Arbeit?
Normalerweise mache ich die Postproduktion selbst. Meine erste Dunkelkammer bastelte ich mit 14. Heute ist ja alles digital, aber ich halte die Post für genauso wichtig wie jeden anderen Gesichtspunkt, jede andere Phase eines Shootings – man legt sich fest, meditiert über die Kreation, man kommt den Werken nahe. Dies vorausgeschickt, ist es bei manchen Jobs gut, einen Schritt zurückzugehen, durchzuatmen – dann source ich out. Es gibt außerordentlich gute Retuscheure.

Welche Fotografen haben dich beeindruckt, und in welcher Weise beeinflussen sie deine Arbeit?
Ich habe vor Kurzem in Marrakesch eine großartige Daidō-Moriyama-Ausstellung gesehen. Ich mag seine Arbeiten wirklich sehr. Da ist eine rohe, häufig sogar beunruhigende Unmittelbarkeit des Lebens, die er einfängt – und die uns ständig umgibt.

In welche Richtung willst du dich weiterentwickeln?
Ich arbeite mit kommerziellen Kunden und auch an persönlichen Langzeitprojekten. Solange ich diese Balance halten kann – ohne den Schweinepasteten zu viel Zeit widmen zu müssen –, bin ich froh. Jedes Jahr war bislang anders. Ich reise bald in die Demokratische Republik Kongo, ich arbeite mit einem Verleger an einem Buch, im Herbst werde ich in Tokyo ausstellen. Meine Arbeit kommt voran, ich lerne, Geschichten besser zu erzählen, meine Kenntnis, Kunst auszustellen und zu verkaufen nimmt zu. Die Welt scheint für mich immer größer zu werden – das ist aufregend!