Interview

Less is More

Noch bis zum 28. Februar 2016 präsentiert die Kunsthalle Rostock die Einzelausstellung „Less is More“ von Rankin. Exklusiv für S Magazin beschreibt der Künstler, wie ihn die opulenten Räumlichkeiten des Museums zu seiner beeindruckenden Installation „white cube“ mit ihren 7-Meter hohen Blow-Ups animierten, wie sie realisiert wurde und weshalb Nudes für ihn eine besondere Ausdrucksform sind.

Interview

Less is More

Noch bis zum 28. Februar 2016 präsentiert die Kunsthalle Rostock die Einzelausstellung „Less is More“ von Rankin. Exklusiv für S Magazin beschreibt der Künstler, wie ihn die opulenten Räumlichkeiten des Museums zu seiner beeindruckenden Installation „white cube“ mit ihren 7-Meter hohen Blow-Ups animierten, wie sie realisiert wurde und weshalb Nudes für ihn eine besondere Ausdrucksform sind.

Der Londoner Fotograf Rankin produzierte die Bilder für das 7-Meter hohe Blow-Up mit der Leica S.

Mit „Less Is More“ präsentierst du deine Arbeiten in der Kunsthalle Rostock. Die Ausstellung umfasst frühe Werke von deiner Zeit als Mitbegründer von Dazed und Confused bis hin zu den eher experimentellen zeitgenössischen Aufnahmen. Ein Element der Ausstellung ist der spezielle Raum „White Cube“ in den Werkräumen der Kunsthalle. Dort zeigst du riesige Blow-ups. Wie passt das zum Ausstellungskonzept? Wie bist du auf die Idee gekommen?
Als Ulrich, mein Kurator, mir den Raum zeigte, wollte ich sofort etwas ganz Besonderes und anderes darin machen. Es gab mir den Denkanstoß, wie wir Fotografie heute sehen, mit der Berührung eines Fingers, und ich dachte, hier ist Platz für ein Event, eine neue Erfahrung. Ich denke, heutzutage ist man schnell eingeschüchtert von den politisch Korrekten und sieht davon ab, Akte zu fotografieren. Ich liebe aber die nackte Form; ich finde, man kann sie durchaus „feiern“, die Schönheit genießen. Also habe ich einen Fries entworfen. Ich wollte eine Installation, maßgeschneidert auf diesen spezifischen Raum, die nur für diese Show existiert und nur direkt erfahren werden kann: Wo sonst kann man sieben Meter hohe Frauen sehen?

Die Saalhöhe von sieben Metern – hast du jemals solche Formate gezeigt, und in wieweit ist die Größe entscheidend?
Nein, ich habe noch nie solche Größen gezeigt. Es sollte eine Herausforderung für den Betrachter sein; diese Bilder lassen sich nicht anklicken oder wischen: Event Pictures, die man nicht mit einem Handy aufnehmen kann, man muss sie schon im Original sehen. Darauf bin ich angesprungen, auf diesen „Wow“-Effekt. Man muss einfach hinsehen, ob man will oder nicht, ob man die Arbeiten mag oder nicht.

Es ist nicht ganz treffend, zu sagen, die Bilder seien einfach nur Blow-ups. Die Präsentation besteht aus sorgsam zusammengefügten Motiven, um den Eindruck einer den Betrachter umgebenden Gesamtheit und Homogenität zu erzeugen. Wie hast du diesen Effekt erzielt und warum? Und warum Akte?
Nun, wenn ich dir das sage, lüfte ich ein Geheimnis. Ja, wir haben es aus Teilen zusammengefügt, so viel kann ich sagen. Wir systematisierten es, indem alle Models zur selben Zeit da waren. Wir haben Schienen für die Kamera verwendet, um eine Linie zu erzielen. Es war ein logistischer Albtraum, weil weder der Boden noch die Wand ganz plan sind. Ehrlich gesagt wusste ich auch nicht, wie es ausgeht – erst als ich das Objekt in situ sah. Aber dann sah ich auch den unglaublichen Effekt und dass es jede Mühe wert gewesen war.

Die Bilder wurden im Mittelformat der Leica S aufgenommen. Bei der Qualität der Blow-ups war es dennoch bestimmt eine Herausforderung, sie auf diese Größe zu bekommen. Kannst du den Prozess beschreiben? Warst du dir bei der Entwicklung des Konzeptes sicher, dass es klappt? Es gibt Systeme mit höherer Auflösung. Warum hast du dich für das 38-Megapixel-System entschieden?
Wir nahmen das System, weil es meines Erachtens die beste Objektivqualität des Mittelfomates ist. Ich ahnte ja die Größe und wollte sie schön und klar! Ganz im Ernst, ich hatte keine Ahnung, ob das hinhaut. Aber es war den Versuch wert. Selbst wenn ich nur die Hälfte dessen erzielen würde, was ich mir erhofft hatte – ich wusste, der Effekt würde einzigartig.

Nach der Größenanpassung mussten die Bilder gedruckt werden. Kannst du uns sagen, wie du das bewerkstelligt hast?
Eine Riesenaufgabe, für den White Cube benötigten wir eine Bildfläche von 250 Quadratmetern. Wir haben große Printer im Studio, also haben wir das getestet und geprüft, so groß es eben ging. Und wir kooperierten mit einer Rostocker Firma, um die finalen Prints zu liefern, in Teilen, die vom Boden bis zur Decke reichen – es war nicht leicht!

Wenn man die Installation sieht, ahnt man, dass das Setting eine ziemliche Aufgabe war. Wie lang dauerte es, und wie viele Personen waren involviert?
Es war eine Riesencrew, mit 29 Models, plus sechs Haar- und Make-up-Stylisten. Wir haben uns drei Monate vorbereitet, um die Logistik und Technik zu checken. Wir haben sehr viele Tests gemacht, um die Linie und den Fit festzulegen. Am Ende war es dann ein sehr langer Tag. Die wirkliche Herausforderung bestand darin, die Personen bei Laune zu halten, während wir die erforderliche Technik erprobten!

Du hast einmal gesagt, du wolltest „die Menschen von Angesicht zu Angesicht mit Fotografie konfrontieren, sie innehalten lassen, zum Denken bringen“. Hat das beim White Cube funktioniert? In einer digitalen Welt ist die Installation eine ziemlich analoge Erfahrung. Wie haben die Menschen reagiert? Eine etwas seltsame Frage vielleicht – uns hat es ja umgehauen, als wir es sahen.
Jemand hat gesagt, ich verliehe meiner Arbeit wieder eine „Aura“ – ich glaube, das trifft es genau. Ich wollte mit reiner Größe konfrontieren, man kann es einfach nicht ignorieren. Es ist schwer, die wirklichen Reaktionen des Publikums zu ermessen – ich traue nicht dem, was man mir direkt sagt. Aber ich liebe es, und es kommen jeden Tag Besucher, also muss ja irgendetwas funktionieren!

Am 28. Februar schließt die Ausstellung, und die Werke werden vernichtet und nie wieder gezeigt? Warum? Wirst du etwas Ähnliches noch einmal verwirklichen?
Ich weiß nicht, ob ich die Arbeit nie wieder zeigen werde, aber sie wurde ja speziell auf den Raum zugeschnitten und wird woanders nie wieder so funktionieren. „Sag niemals nie“ ist mein Motto! Nun, da ich es selbst gesehen habe, werde ich mit Sicherheit versuchen, nochmals etwas Derartiges umzusetzen. Als ich das fertige Produkt sah, ging ich in den Saal und sagte nur „Wow“. Dieses „Wow“ habe ich in meinen 25 Jahren Karriere immer zu erzielen gesucht. Also ja: Warten wir ab!

Ausstellung „Less is More“ von Rankin – Making-of