Digitale FeaturesLucky HoboJana Cruder
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Lucky Hobo · Jana Cruder 1 / 1
Interview

INTERVIEW

Jana Cruder

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FOTOGRAFIE Jana Cruder STYLING Kimmy Erin MODEL Clinton Van Arnam @ Photogenics Los Angeles RETUSCHE Chiara Merico KAMERA Leica SL (Typ 601) mit Vario-Elmarit-SL 1:2,8-4/24–90mm Asph.

Mit „Lucky Hobo“ schuf Jana Cruder eine nostalgische Vintage-Geschichte, in der sich Clinton Van Arnam mit ganz eigener Attitüde in einer Welt aus Zügen und Lokomotiven auf die Suche nach seiner wirklichen Identität begibt.

Du bist nicht nur Modefotografin, sondern auch Filmemacherin, Fine-Art-Fotografin, Creative Director und Skulptur-Installateurin. Was hat dazu geführt, dass du dich heute auf so viele Dinge fokussierst?
Ich liebe die Mode: die Kunst, die dahintersteckt, das Licht, das über das Gesicht eines Models fällt, die präzise Linie eines einzigartig strukturierten Saums. Ich liebe auch die Tatsache, dass Mode dazu verwendet werden kann, Geschichten zu erzählen, Möglichkeiten aufzuzeigen und Botschaften aus einer Welt zu vermitteln, die gar nicht so weit von der unseren entfernt ist. Vor zwei Jahren war ich in meiner Modekarriere an einem Punkt angelangt, an dem mir plötzlich klar wurde, dass ich sehr unglücklich war – sowohl über die Branche selbst, als auch über meine eigene Rolle darin. Ich war mir der Auswirkung von Fast Fashion auf die Menschen und den Planeten bewusst. Von da an begann ich, mich zu wandeln, meine Einstellung zur Modeindustrie zu verändern – was wiederum meine Klienten und die Erzählungen in meiner Arbeit veränderte. Ich begann, Modefotografie und kreatives Gestalten um der Kunst willen zu verfolgen, und Mode als Medium einzusetzen, um Veränderung zu bewirken – und ich begrüßte die neuen Möglichkeiten, die mir das eröffnete. Ich entfernte mich von der Welt der Fast Fashion und des E-Commerce und bewegte mich mehr in Richtung Editorial, wandte mich ökologisch oder nachhaltig ausgerichteten Marken und Initiativen zu, machte auch Modefilme und versuchte generell, die Mode als Medium einzusetzen, um den Dialog über wichtige Themen in den Mainstream zu bringen. Ich sehe Kreativität als ein Kommunikationsmittel, einen Energiefluss, und wer dafür empfänglich ist, ist wie eine Antenne, die ein Signal auffängt. Ideen wollen realisiert werden und suchen nach Möglichkeiten, zu uns durchzudringen – es ist eine Energie, die erst entfacht, und dann mit guter Urteilskraft verfolgt werden muss. Künstler sind also sozusagen Medien. Für die Vielfalt innerhalb meiner Arbeit gibt es drei Gründe: Erstens ist es heutzutage notwendig, sich zu diversifizieren, um auf einer professionellen Ebene künstlerisch tätig sein zu können. Zweitens empfinde ich eine Begeisterung dafür, mich mehr in die Richtung der Rolle des Regisseurs zu bewegen und meine kreativen Ausdrucksformen durch das Miteinbeziehen technologischer Möglichkeiten zu erweitern. Und drittens glaube ich, es ist Teil einer natürlichen Entwicklung, dass man als Fotograf in sein Handwerk hineinwächst und verschiedene Ausdrucksmöglichkeiten auslotet. Ich empfinde diese Expansion gleichzeitig als einen Segen und einen Fluch. Die kommerzielle Welt will Kreativität ganz klar definieren, und ihr möglichst ein Dollarzeichen zuordnen damit sie gekauft und verkauft werden kann. Kreative Energie funktioniert natürlich nicht nach diesem Schema. Dazu muss ich allerdings sagen, dass sich im Bereich der bildenden Künste eine zunehmende Offenheit abzeichnet und dass sich Klienten und Firmen gestalterisch vielfältigeren Ansätzen zuwenden.

Warum trennst du deine kommerzielle Arbeit, die Modestrecken, Celebritys und Fashion-Videos beinhaltet, von deinen Fine-Art-Arbeiten und Installationen, die du beispielsweise in Galerien ausstellst. Warum betreibst du zwei unterschiedliche Homepages?
Gut, dass du das ansprichst. Ich arbeite nämlich momentan an „JANA 3.0“, einer Website die das alles miteinander vereinen wird und die 2018 online gestellt wird. Denn ich habe erkannt, dass ich Klienten und Projekte gerade durch meine Kombination von künstlerischen, redaktionellen und kommerziellen Ansätzen anziehen will. Auch denke ich, dass Diversifizierung und ein breit gefächertes berufliches Repertoire mittlerweile immer mehr akzeptiert werden. Wer früher ein Auto-Motiv brauchte, hat sich ausschließlich an einen Auto-Fotografen gewandt. Mittlerweile sind die Agenturen jedoch viel kreativer geworden, indem sie auch neue Ansätze mit Fine-Art-Fotokünstlern und trendbewussten Fotografen verfolgen, und zwar sowohl in den traditionellen als auch in neuen Medien. Auch im Bereich von Marketing und Werbung vollzieht sich ein Wandel in eine mehr experimentelle Richtung – und für mich ist der Ansatz, eine Erfahrung rund um eine Marke oder ein Produkt zu entwickeln, sehr interessant. Ich sehe, wie alles zusammenhängt – und jetzt wird eine Brücke zwischen meiner künstlerischen und kommerziellen Seite geschlagen. Dieser Richtungswechsel und die Zusammenführung von künstlerischen Möglichkeiten ist für mich besonders interessant. Eine Zeitlang wurde mir von Agenten und Werbeagenturen gesagt, dass ich kommerzielle Auftraggeber mit der Zurschaustellung meiner künstlerischen Seite abschrecken würde. Galeristen und mein Kunsthändler meinten andererseits, dass meine kommerzielle Arbeit potenzielle Kunstsammler vergraulen könnte, da sie vielleicht denken könnten, ich hätte mich nicht voll und ganz meiner künstlerischen Arbeit verschrieben. Darum etablierte ich verschiedene Personae, bis mir klar wurde dass ich meine eigene Definition von Kunst geltend machen muss, und dass alle Aspekte meiner Arbeit die Summe meiner Kunst ergeben. Egal ob ich zu einer Installation beitrage, ein Musikvideo inszeniere, eine Serie von fotokünstlerischen Bildern schaffe, ein Starporträt schieße oder eine Modestrecke fotografiere – es bin immer ich. Das ist die Einstellung, bei der ich innerlich angekommen bin, und ich freue mich darauf, sie durch das Vereinen meiner Websites nun auch nach außen zu tragen. Mein Fokus liegt auf Kollaborationen mit Leuten, die mit mir gemeinsam arbeiten und etwas erschaffen wollen, und eine Leidenschaft für die entsprechenden Projekte haben.

Wie entstehen deine Stories, woher nimmst du die Ideen, und welches Credo ist ihnen gemein?
Ich werde von so vielen Dingen inspiriert, aber die größten Zugkräfte sind immer Location, Farbe und Licht. Außerdem liebe ich Vintage und die Spuren der Vergangenheit. Eigentlich arbeite ich immer ein nostalgisches Element in meine Arbeit ein, egal ob in der Form von Kleidung, Bildbearbeitung, Location oder Story. Langsam erkenne ich, dass sich eine emotionale Verbindung wie ein roter Faden wirklich durch die Gesamtheit meiner Arbeit zieht: das Sichtbarmachen eines bestimmten Gefühls, ein Einblick in eine Szene oder ein Gefühl, das ausgedrückt werden will. Ich liebe das Spiel mit Licht und Dunkel, Kontrast und Schatten und zu ergründen, wohin das Licht das Auge führen kann. Ich spiele gern auf tiefer gehende Fragen an, die uns alle beschäftigen – woher kommen wir, wohin gehen wir, und wie gelangen wir dorthin? Ich finde, dass die Kunst einen Platz für diese Überlegungen bietet.

Für das S Magazin hast du Clinton Van Arnam als Model ausgewählt, der einen bestimmten Typus repräsentiert. Welche Geschichte erzählst du in „Lucky Hobo“?
Diese Serie wurde durch ein Buch inspiriert, das ich kürzlich gelesen hatte – „Hobo“ von Eddy Joe Cotton. Darin erzählt der Autor von seinen Erfahrungen, als er als junger Mann in den 1990er-Jahren als Eisenbahnnomade durch Amerika reiste. Ich war vollkommen gebannt von der Idee, wie es wohl sein würde, in solcher Freiheit zu leben, und auch von den Geschichten über die Charaktere, auf die er unterwegs traf. Ich wollte diese Art von Freiheit – diese unkonventionelle Suche nach der eigenen Identität – ansprechen, und nahm die Modestrecke als Plattform, um das Thema in den Raum zu stellen. Es ist in erster Linie eine Modestrecke, wobei die Idee eines ungebundenen Lebens auf den Zuggleisen etwas Neues und Aufregendes mit sich bringt. Ich fühlte mich zu Clinton hingezogen, weil er ganz er selbst ist, mit einer waschechten I-don’t-give-a-fuck-Einstellung. Er ist kein traditionelles Fashion-Model, sondern eher ein bisschen ungezähmt, und genau das wollte ich. Ich wollte sehen, wie es ist, wenn ich ihn in eine Mischung aus High und Low Fashion und Vintage-Teilen stecke, und ihm die emotionale Basis gebe, dem Gefühl, allein durch das Land zu streifen, nachzuspüren. Die Gleise ergaben einen wirklich schönen und enigmatischen Hintergrund für die Geschichte eines jungen Mannes auf der Suche nach der eigenen Identität.

Welche Rolle spielt die Auswahl der Locations für dich? Warum wähltest du für „Lucky Hobo“ alte Züge und Lokomotiven?
Da diese Geschichte von den Reisen Eddy Joe Cottons inspiriert ist, musste sie ohne Frage auf einem Bahngelände stattfinden. Die Location ist für mich alles, und wenn das Budget ein Location-Shooting zulässt, ist es das für mich das pure Glück. Als ich dieses Gelände auskundschaftete, fiel mir auf, dass das Licht bei Sonnenaufgang am besten war: Schatten fielen längs über die Anlage und bildeten Licht- und Schattenkreise, in denen wir spielen konnten. Der Ort des Shootings kann auch eine entscheidende Quelle der Inspiration sein. Dieses Bahngelände liegt in Downtown L.A. – ich habe die Anlage gewählt, weil sie in der Nähe war und auch sehr gut zugänglich. Solange du in beide Richtungen schaust und kein Aufsehen erregst, kümmerst du dort niemanden.

Wie war es für dich, eine Modestrecke komplett unbeeinflusst zu bearbeiten? Hast du diese Freiheit auch bei deinen kommerziellen Aufträgen?
Es war einfach fantastisch. Die Möglichkeit, mit einer derart kreativen Freiheit zu arbeiten, gibt es in unserem Beruf nur sehr selten. Ich habe die Freimütigkeit dieses Auftrags wirklich sehr geschätzt. So auf die Art: Hier ist eine Leica, mach etwas, das dir gefällt! Es gibt manche kommerzielle Projekte, die einen ähnlichen Grad von Freiheit beinhalten. Es hängt natürlich immer davon ab, ob ich beauftragt wurde, meine eigene Vision zu realisieren und dann das Endprodukt vorzulegen, oder ob ich mit dem Kunden zusammenarbeite, um seine Vorstellung durch meine Kamera zu realisieren. Beide Arbeitsmethoden haben ihre Vorteile.

Wie bist du mit der Leica SL zurechtgekommen? Ist das ein Modell, das du wieder on location benutzen würdest?
Ich liebte es, mit dieser Kamera zu arbeiten, und ganz anders als mit meiner gewohnten EOS DSLR. Ich brauchte eine Weile, um mich an alles zu gewöhnen, aber ich muss sagen, dass die Bilder dieses gewisse Etwas haben, nach dem ich in meiner Arbeit gesucht hatte. Das Objektiv ist unglaublich, die Dateien spektakulär.

Was sind deine nächsten Pläne?
Ich will weiterhin meine Mode- und Werbearbeit ausbauen, sowohl als Fotografin als auch als Regisseurin von bewegten Bildern. Mein Ziel ist es, mit Firmen und Marken involviert zu sein, deren Botschaft einen positiven Wandel fördert, zum Beispiel in Bezug auf Nachhaltigkeit oder soziales Bewusstsein. Im Moment arbeite ich auch an ein paar Filmprojekten, was sehr aufregend ist. Ich habe meinen ersten Kurzfilm, „The Plastic Man“, beendet, und wir sind gerade dabei, ihn für Festivals einzureichen. Außerdem bin ich mit Eddy Joe Cotton und einem Drehbuchautor in Verbindung, bezüglich der Verfilmung von „Hobo“ als Film oder Serie. Wir sind momentan erst im Drehbuch- und Pitch-Stadium des Projekts, aber ich freue mich darauf, richtig loszulegen. Im Bereich der bildenden Kunst hoffe ich, mein Projekt „Way of the Modern Man“ im Rahmen der SXSW 2018 zeigen zu dürfen – ich warte gerade auf die Rückmeldung.